19/2  Sympathiekauf

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:26

Ich habe einen Laden. Keinen grossen und nicht einen ganzen, aber doch einen Anteil. Vielmehr einen Anteilschein. Ich bin Genossenschafter, und das kam so.

In der kleinen Ortschaft, an deren Rand unser Ferien- und Weekendhäuschen steht, gab es vor langer Zeit einen richtigen Tante-Emma-Laden. Als Kinder haben wir immer dort eingekauft. Die Konfitüre und die Ravioli gab es in Zweikilobüchsen, von jedem Produkt nur eine Sorte. Gekauft wurde, was es hatte im Lädeli. Überleben konnte die alte Frau nicht, beziehungsweise: nach ihrem Tod fand sich niemand, der den Laden weitergeführt hätte. So stand er viele Jahre leer, das kleine Haus an der Strassenkreuzung schien unbewohnt und verlassen.

Im Nachbardorf, mit dem die Gemeinde fusioniert hatte, gab es einen VOLG. Der bot ein etwas breiteres Sortiment und wurde von zwei jüngeren Frauen geführt. Aber der Laden war weder Fisch noch Vogel. Früchte und Gemüse waren nicht immer frisch, das Angebot konnte nicht Schritt halten mit dem, was man sich inzwischen von den grossen Migros- und Coop-Filialen her gewohnt war. Im nahen Städtchen war neu ein Denner entstanden und jede Tankstelle hatte einen Lebensmittel-Verkakuf eingeführt. Vor vier Jahren musste der VOLG schliessen.

Da taten sich die Leute aus den kleinen Ortschaften zusammen und bildeten ein Genossenschaftsunternehmen. Sie richteten aus eigener Kraft einen Vitamarkt ein, mit einem limitierten Angebot zwar, aber viele Produkte direkt aus der Nachbarschaft, von Bauernhöfen und von lokalen Metzgereien und Bäckereien. Identifizierbar also, man kannte und kennt die Produzenten, es sind zertifizierte Bio-Bauern, die Transportwege sind kurz, die Ware ist naturbelassen und frisch…

Das Sortiment erfüllt weitgehend die Kriterien eines nachhaltigen Lebensmittelkonsums, und wenn immer ich in der Gegend bin, mache ich einen Abstecher und decke mich ein. Vielleicht kaufe ich dann etwas über das hinaus, was wir unbedingt für den Speisezettel brauchen, aber weil es ein Stück weit ja auch „mein“ Geschäft ist, fördere ich gerne den Umsatz, mache einem Schwatz mit dem Personal, für das ich mich mitverantwortlich fühle, und komme mir dabei irgendwie gut vor.