16/4  Schulküche

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:38

Ein ernährungserzieherisches Experiment in Chicago ist offenbar in die Hosen gegangen. Eine Schule, die es gut gemeint hat, hat in ihrer Kantine über Mittag nur noch vorbildlich gesunde Kost serviert. Damit diese auch wirklich konsumiert werde, hat man kurzerhand den Schülern strikt verboten, von zuhause eigenes Essen mitzubringen. Es sei denn, ein ärztliches Attest belege die Notwendigkeit einer individuellen Verpflegung, etwa bei Allergien.

Was in bester Absicht eingeleitet wurde, scheint sich in der Praxis nicht bewährt zu haben. Vielen Kindern schmeckte die korrekte Kost nicht so recht. Entweder hungerten sie lieber, oder sie liessen massenweise Reste zurück in die Küche gehen, oder sie warfen die Speisereste gar heimlich irgendwo im Schulhaus weg… Und bei den Eltern formierte sich der Widerstand. Es sei ihre eigene Verantwortung, die Jungen richtig zu ernähren, sagten die einen. So könnten ihre Kinder keine selbständige Entscheidung zu treffen lernen, sagten andere. Die Schule mische sich hier in die Privatsphäre ein, was sie nichts angehe…

Vielleicht sind solche Aktionen wirklich nicht (mehr) zeitgemäss? Ich erinnere mich an meinen Aufenthalt in England in den 60er Jahren. Als Austausch-Lehrer unterrichtete ich an einer Comprehensive-School im Norden des Landes. Es war uns kein Fall bekannt, wo die Kinder von zuhause ihr eigenes Essen mitgebracht hätten, obwohl der „Schul-Frass“ wirklich dem Ruf der englischen Küche mehr als gerecht wurde… Zuhause hätte es wohl etwas Ähnliches gegeben, der Unterschied war nicht zu gross. Aber heute klafft oft eine geschmackliche Lücke zwischen den privaten Essgewohnheiten und dem, was für gesund gehalten wird. Das kann sich durchaus um subjektive Wahrnehmungen handeln, die nicht einmal objektiv begründet zu sein brauchen. – Fazit: Zwang kann durchaus auch kontraproduktiv sein.