4/10 Rassismus mit der Waage
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:00 |
Das ist eine pikante Geschichte. Der republikanische Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, kandidiert für die US-Präsidentschaft. Er ist 49, ein offenbar erfolgreicher Jurist und animal politique, dem man einiges zutraut und in den konservative Hoffnugnen gesetzt werden.
Aber – und das erkennt man auf jeden Bild, auf dem er zu sehen ist – der Mann ist schwer übergewichtig. Adipositas zweiten Grades mindestens, auch wenn er sein genaues Gewicht nicht bekannt gibt.
Dies ruft seine Gegner auf den Plan: mit diesem Gewicht sei er für das höchste Amt im Lande nicht tauglich, das Risiko einer Erkrankung sei zu hoch, das starke Übergewicht lasse auf Charakterdefizite schliessen… und von allen Seiten prasseln Ratschläge auf ihn herab, die wohl gut klingen mögen, aber keineswegs gut gemeint sind, wie etwa der, er solle im Fernsehen keine weissen Hemden mehr tragen.
Kommentatoren aller politischen Couleurs schlagen sich für ihn in die Bresche. Auch wenn sie politisch seine Ansichten nicht teilten, so würden sie sich doch dafür einsetzen, dass er nicht seines Gewichtes wegen diskriminiert werde… Rassismus mit der Waage hat es einer genannt, und darauf hingewiesen, dass es meist die dünnen, sportlichen Präsidenten à la George W. waren, welche das Land in die Bredouille brachten. Und dass es keinem eingefallen wäre, Churchill wegen seiner Leibesfülle die Fähigkeit abzusprechen, sein Land siegreich durch den Krieg zu führen.
Auch die Amerikanische Obesity Society setzt sich vehement gegen Diskriminierung zur Wehr, angesichts der Tatsache, dass in USA über 60 Prozent der Bevölkerung übergewichtig sind. Aber in den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Diskriminierungsfälle massiv zugenommen und ist heute gleichauf mit der Rassendiskrimination.
Wäre Adipositas auch bei uns ein politisches Stigma? Würde einem dicken Kandidaten die Wählergunst verweigert? Oder gibt es unter den AnwärterInnen auf einen Nationalrats-Sitz kaum noch beleibte Menschen? Man müsste das mal näher anschauen.
PS: Am Tag darauf steht in den Zeitungen, dass Christie seine Kandidatur zurück gezogen hat. Seine Fans hoffen, dass er es sich nochmals anders überlegt…
Sehr geehrter Herr von Grünigen, das hat mit Waage-Razzismus nicht zu tun, sondern mit der Vorbildfunktion von Promis und VIP!
WHO-Administratoren, regionale, nationale und internationale Regierungsmitglieder, Politiker (Links-Mitte-Rechts), Gesundheitsbehörden, Gesundheits- und Sport-fachleute, VIP und sonst Experten wiederholen täglich, dass Übergewicht und Adipositas weltweit die Pandemie des neuen Millenium darstellen!
Unglücklicherweise stellt man aber bei genauerem Hinsehen fest, dass eine auffallende Anzahl dieser „Promis-Ratgeber“ oft, zu oft, selber mit dem eigenen Körpergewicht kämpft… Es liegt auf der Hand, dass diese ‚Fach-Promis‘ weitaus glaubwürdiger wären, wenn auch sie als Vorbild auftreten könnten.
Natürlich ist es für Promis ‚leichter‘, ihre Vorbildfunktion wahrzunehmen, wenn sie zum Beispiel gegen übermässigen Alkoholkonsum Stellung beziehen: In solchen Fällen hat man nämlich stets eine Flasche Mineralwasser auf dem Pressekonferenztisch stehen … Aber gerade auch beim ständig zunehmenden Problem Uebergwicht braucht es neben griffigen Slogans und weltweiten Präventionsprogrammen Promis, die vorleben, was sie ihren Mitmenschen empfehlen! Schlanke(re) Promis wären sicherlich nicht die „Patent-lösung“, um das Problem Übergewicht weltweit zu besiegen, sie wären aber glaubwürdiger und für den einen oder den anderen auch zum Nachahmen da…