24/10 Buchprojekt
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:40 |
Die junge Frau am Telefon sprach englisch, sehr rasch und mit einem Anflug von Dialekt, wie er in London gesprochen wird. Sie wollte mit dem Chef sprechen, und das war ihr gelungen. Es gehe um ein gewaltiges Projekt. Im Auftrag der Britischen Regierung werde zur Bekämpfung von Adipositas und Übergewicht ein Buch herausgegeben, 200 Seiten stark, das alle Richtlinien und Empfehlungen enthalte für Massnahmen, die umzusetzen seien, um der weiteren Ausbreitung der Adipositas-Epidemie Einhalt zu gebieten.
Die Recherche-Abteilung habe die Adressen der wichtigsten und kompetentesten Organisationen herausgesucht, die sich in den Ländern Europas mit dieser Frge befassen. So arbeite man namentlich auch mit dem Schweizer Gesundheitsministerium zusammen. Das Buch werde in 200’000 Exemplaren gedruckt und an alle wichtigen Funktionsträger im Gesundheitswesen, an die Finanzverantwortlichen aller Länder, an grosse Spenderorganisationen und an die Wirtschaftskapitäne abgegeben, um eine europaweite, kohärente Aktion gegen Adipositas einzuleiten und durchzuführen. Und in diesem grundlegenden Werk sollten auch die bedeutendsten Organisationen vorgestellt werden, die in diesem Feld tätig sind. So eben auch die Schweizerische Adipositas-Stiftung SAPS.
Das hörte sich gut an und ich versuchte mir schon all die wichtigen Leute vorszustellen, die den – von mir natürlich hervorragend geschriebenen – Beitrag über uns lesen würden… Aber ich stellte dann die Frage, mit welchen Leuten vom Schweizer Gesundheistministerium die Redaktion denn nun konkret im Kontakt sei. Darauf wollte mir die Dame nicht so ohne weiteres antworten. Es handle sich um ein paneuropäisches Projekt, man arbeite beispielsweise mit Kroatien zusammen, und auch Lettland sei mit im Boot… Gut und recht, sagte ich, aber ich könnte mir nur schwer vorstellen, dass es für einen hohen Beamten in der englischen Gesundheitsbehörde von Interesse sei, etwas über die SAPS zu erfahren…
Nun, sagte sie dann eher beiläufig, es sei wichtig, dass alle Länder mitmachten, und es gebe zwei Angeote: einen Text über eine oder über zwei Seiten. Für welche der beiden Varianten ich mich denn entscheiden würde. Grundsätzlich treffe ich am Telefon keine solchen Entscheide, sagte ich jetzt, sie solle mir doch bitte per E-Mail einen kurzen Beschrieb mit allen Details schicken, dann könnten wir das prüfen. – Nein, meinte die Dame, die Redaktionskommission sei im Moment am beraten und die warte auf meinen Entscheid, ob ich ihr nicht wenigstens mal eine Absichtserklärung geben könnte.
Jetzt fragte ich, ob dies denn mit Kosten verbunden sei. Das falle kaum in Betracht, sagte sie, angesichts der Auflage von 200’000 Exemplaren und dem hochkarätigen Leserkreis, in dem das Buch abgegeben werde. Da seien die 4’000 englische Pfund für eine Seite doch geradezu günstig. (Das sind nach heutigem Kurs gut 5’600 starke Schweizer Franken.) – Danach nahm unser Gespräch einen kurzen weiteren Verlauf. Ich bestand darauf, dass ein solches, angeblich regierungsnahes Projekt für teilnehmende NGOs kostenfrei sein müsse und sie merkte, dass bei mir nichts zu holen war und hängte nach kurzem Abschied auf. Achtzehn Minuten hatte das Gespräch gedauert. Kosten vernachlässigbar.