18/11 Süsser Trost
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:37 |
Eine der fundamentalen Botschaften für den Umgang mit Nahrung ist die, dass man den Kindern gegenüber das Essen nie als Belohnung oder Bestrafung einsetzen solle. Und auch, dass man Süssigkeiten nicht als Mittel zum Trösten verwenden dürfe, obwohl – das ist ja unbestritten – der Genuss von Schokolade so etwas wie Glücksgefühle vermitteln kann.
Nun erlebte ich beim Fernsehgucken, dass da jemand heftig gegen diese Botschaft verstösst. Es geht um einen TV-Spot, in dem ein kleines Mädchen auf seinem Bett liegt und jämmerlich weint. Was los sei, fragt die Mutter. Sie sei verliebt, sagt die Kleine. Das sei doch schön, meint die Mutter. Ja, aber sie habe noch nie mit ihm sprechen können, sagt die Tochter. Dann laden wir ihn doch mal ein, schlägt die Mutter vor. Im nächsten Bild klingelt es an die Tür. Die Mutter öffnet. Draussen sitzt ein unsympathischer Rotzbengel auf seinem Moped und fragt nach der Tochter… die Mutter knallt ihm die Türe vor der Nase zu. Ihrem Kind sagt die Mutter, es sei der Briefträger gewesen. Der habe eben mitgeteilt, dass der Junge weit, weg gezogen sei. Da schluchzt das Kind aus tiefstem Herzen und wirft sich in seinem Elend aufs Kissen. Die Mutter hat vorgesorgt. Sie gibt der Kleinen eine Kilopackung Schokoladekugeln… die zufälligerweise gerade an diesem Tag im Supermarkt zu einem Schnäppchenpreis zu kaufen sind. Und das Kind ist wieder froh.
Nun sieht man diesen Spot zwei-drei Mal und reibt sich die Augen… Wie war das? Eben noch hat man an einerVeranstaltung des Bundesamtes für Gesundheit gehört, dass elf Firmen sich zusammengeschlossen haben zum sog. Swiss Pledge, zu einer förmlichen Verpflichtung, auf Werbung für kalorienreiche und „ungesunde“ Nahrung zu verzichten, die sich an Kinder unter 12 Jahren wendet… und nun das! – Sicher, der Grossverteiler, der auf diese Weise wirbt, gehört nicht zu den elf Firmen. Und die Schokoladenmarke, die er im Kilopack vergünstigt vertreibt, auch nicht. Also ist „rechtlich“ nichts einzuwenden, alles korekt. Aber es bleibt doch ein schales Gefühl zurück und man gewinnt die Erkenntnis, dass noch viel geschehen muss, bis sich die Verhältnisse zum bessern wenden. Und das ist ein schlechter Trost.