10/4  Hass-Diät

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:54

Man kann einem dicken Kind nichts Schlimmeres antun, als es auf Diät zu setzen. Denn dies kann es auf direktem Weg in eine Essstörung führen. Aber genau das hat eine amerikanische Mutter mit ihrer siebenjährigen Tochter gemacht. Und stolz darüber in der Zeitschrift Vogue berichtet.

Dara-Lynn Weiss hatte selber als Kind und Jugendliche mit ihrem Gewicht zu kämpfen. Sie hasste ihren eigenen Körper und flehte den Arzt an, ihr Abführmittel zu verschreiben und Psychopharmaka, um den Appetit zu zügeln, obwohl diese bekannt waren für ihre schlimmen Nebenwirkungen.

Als ihre Tochter Bea nach der schulärztlichen Untersuchung den Befund heim brachte, sie gehöre zu den 17 Prozent der amerikanischen Kids, die als „adipös“ gelten, leitete sie ein rigoroses Regime ein und setzte die Kleine nicht nur auf eine radikale Diät, sondern zudem auch moralisch unter Druck.

Sie demütigte ihr Kind in der Öffentlichkeit, verbot ihm alle Lieblingsspeisen, machte ihm Vorwürfe und setzte es gegenüber seinem Bruder herab, der kein Gewichtsproblem hatte. Über all dies berichtete sie nicht ohne Stolz im Modemagazin, das nicht zum ersten Mal fragwürdige Texte zum Thema Schlankheitsidol publizierte.

In einer heftigen Kontroverse wurde die Mutter von der ganzen Fachwelt dafür gescholten, dass sie ihren eigenen Hass dem Essen und ihrem Körper gegenüber auf das Kind projiziert und es so zu eigenen Zwecken instrumentalisiert und missbraucht habe. Als dieses – ein Jahr später – acht Kilo abgenommen hatte und fünf Centimeter gewachsen war, entsprech es zwar wieder dem Normalgewicht. Aber die inneren Verletzungen, welche die „Kur“ verursacht hatte, werden wohl bleiben. Ihre Langzeitfolgen sind nicht abzusehen.


3 Kommentare zu “Hass-Diät”

  1. mietze sagt:

    nun, sowas gibt es nicht nur in amerika! ich habe zwei freundinnen davon abgehalten, in die mager-hysterie zu verfallen, nur weil ihre kids nicht dem «schönheitsideal entsprechen. von wachstum scheinen ja auch die schulärzte hier, nie was gehört zu haben… ein kind geht in die breite und dann wieder in die höhe, und wieder in die breite und wieder in die höhe. ein mensch ist erst mit 21 ausgewachsen (nicht erwachsen) und bis dahin sollte man eigentlich seinem körper die ruhe gönnen, die er braucht, um sich entwickeln. die kids meiner freundinnen, wie auch meine eigene tochter, sind heute schön gewachsene gesunde jungen menschen.

    was VOGUE und konstorten angeht, so hätten es unsere gesundheitsminister längst in der hand, die abbildungen von magermodels zu verbieten. jede modenschau könnte razziamässig abgeklemmt werden, wo hungerhaken auf dem laufsteg herumflanieren, aber leider verdienen viel zu viel leute an dem ganzen wahn, als dass er ernsthaft im namen der gesundheit abgestellt würde.
    dazu gehören ärzte. allenvoran die sogenannten beauty-docs, die es nicht nur in amerika gibt. denen gehört einfach die zulassung entzogen. punkt aus.
    und würden sämtliche noch normal aussehnden frauen H&M europaweit boykottieren, nur eine woche lang, müssten die umdenken. doch keine tut es. wer noch halbwegs in die «huddeln» passt kauft sie, bis zum bitteren ende. man hungert sich lieber zu tode oder zumindest krank, als dass man bzw. FRAU gegen diese diktate mit verweigerung aufbegehrt.

  2. Claudia sagt:

    Das ist nur eine Seite der Medaille. Meine 10-jährige Tochter kriegt von ihren Klassenkameradinnen zu hören, dass sie magersüchtig sei, weil sie einen sehr zarten Körperbau hat und auch sehr leichtgewichtig ist. Meine Tochter isst einfach nicht so gern, schluckt viel Luft beim Essen und ist schnell satt. Laut Kinderarzt ein völlig normales Kind, halt einfach am unteren Ende der Skala. Es ist irritierend und unheimlich, wenn die Schönheitsideale unnd -Probleme von Erwachsenen auf Kinder projiziert werden.

  3. mietze sagt:

    @claudia. unsere zeit redet dauernd von individualismus, aber er wird gar nicht mehr zugelassen. menschen werden vermasst und in normiert und wer dem nicht entspricht wird fertig gemacht oder in irgend eine neurose getrieben. eigentlich ist es doch schön, gibt es verschiedene menschen. grosse und kleine, aber auch dicke und dünne. ich wünsche dir viel kraft, dass du deiner tochter darin unterstützen kannst, dass sie genauso wie sie ist, richtig ist. auch als schlankes kind.

    was ganz sicher falsch ist – und da bin ich froh, habe ich meine tochter davor bewahren können – ist das dauernde herumkorrigieren. dazu gehört übrigens auch die zahnstellung. zahnspangen im kindesalter sind ein «schuss in den ofen» und tun nur einem gut: dem zahnarzt.

    die zähne schieben sich nämlich im lauf des lebens- gemäss dem genetischen plan eines menschen – wieder in die «richtige» position. im wachstum soll man den körper eines menschen in ruhe lassen, vieles richtet sich von selber. habe ich an mir selber erlebt und an meiner tochter, die vor solchen «medizinisch begründeten» übergriffen bewahrt habe.

    klar, wenn ein kind wirklich «dick» ist, weil es nur hamburger und nudeln isst, muss man schauen und eine kurskorretkur vornehmen. aber die muss weniger beim kind geschehen, als bei der person, die den kühlschrank füllt ;-)

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