19/4 Nichts als Gutes
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:05 |
Man solle, hiess es schon im alten Rom, über die Toten nur Gutes sagen. Und dann liest man in der morgendlichen Gratis-Pendlerzeitung die aufrüttelnde Schlagzeile: Auch die Toten werden immer dicker. Aber hallo! Dass dieser Satz schon sprachlich hinkt, leuchtet allen ein. Die Toten waren bereits dick, als sie starben. Es sind die Lebenden, die an Gewicht zulegen.
Aber das Problem besteht weltweit und es hat etwas von einer Domino-Situation. Angefangen hat es mit den Ambulanz-Fahrzeugen, die den schweren Lasten nicht mehr gewachsen waren und extrem übergewichtige Patienten gar nicht mehr in die Spitäler transportieren konnten. Dann kamen die Spitäler dran, bei denen die Operationstische, die Betten, Waagen, ja die ganze Infrastruktur verstärkt werden mussten… Aber auch Altersheime sehen sich zunehmend mit übergewichtigen Insassen konfrontiert. Dann die Bestattungsindustrie, angefangen bei den Sargtischlern, die ihre Behältnisse in Übergrössen herstellen mussten (darüber wurde bereits vor einiger Zeit berichtet). Noch nichts gehört hat man von den Friedhöfen, dass bei konventioneller Erdbestattung der Raum knapp werde, weil breitere Gräber ausgehoben werden müssten… Doch eindeutig sind nun die Signale aus den Krematorien, wie der erwähnte Artikel zeigt.
Nun könnte man – in aller Ehrfurcht vor den Toten – den Gedanken weiter spinnen: braucht es für die Verbrennung einer 300-Kilo-Leiche mehr Energie als für einen Normal-Leichnam? Oder liefert im Gegenteil der Verstorbene mit seiner Fettreserve den eigenen Brennstoff mit und entlastet so die öffentliche Hand? Bleibt nach der Kremierung eines adipösen Toten mehr Asche übrig und braucht es grössere Urnen?
Das sind makabere Überlegungen. Aber am makabersten ist doch, dass wir diese erst post mortem anstellen: das müsste uns alles viel eindringlicher beschäftigen, solange die Leute noch leben. Es müsste alles unternommen werden, um ihnen dabei zu helfen, ihr Gewicht unter Kontrolle zu halten. Für Prävention ist es zu spät, wenn der Tod eingetreten ist. Aber das ist denen wahrscheinlich recht, die an jedem Schritt der Domino-Wertschöpfungs-Kette mitverdienen können.