8/7 Risiko-Bewertung
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:45 |
Eigentlich müsste die Szene in Aufruhr geraten. So wie sie es immer tut, wenn am Horizont ein neues medizinisches Präparat auftaucht, das möglicherweise gegen Übergewicht wirkt.
Ich habe diese Formulierung bewusst gewählt: normalerweise bricht eine regelrechte Pharma-Hysterie aus, geschürt und getragen von massiven PR- und Merketing-Kampagnen, wenn ein neues Medikament auf dem Markt erscheint. In Amerika ist es wieder so weit. Nach 13 Jahren hat die zuständige Behörde erstmals wieder eine Diät-Pille zugelassen: Locaserin. Und dies, obwohl das gleiche Präparat vor drei Jahren im Zulassungsverfahren abgelehnt worden war.
Die Begründung war damals, dass die Pille eine Gefahr für Herz-Kreislauf-Patienten darstellen könnte. (Mit der gleichen Begründung war auch Reductil vom Markt genommen worden.) Nun allerdings wurde andersherum argumentiert: die möglichen Gesundheitsrisiken, die durch Adipositas ausgelöst werden könnten, seien als gravierender einzustufen als die allfälligen Risiken für das Herz, die durch das Medikament verursacht werden könnten… (Eine solche Arumentation hatten wir seinerzeit im Fall von Reductil vermisst.)
Ernüchterung tritt ein, wenn man die Wirkung betrachtet. Locaserin dämpft den Appetit, wie andere Mittel auch, wirkt also im Hirn. In ausgedehnten Versuchen hat man festgestellt, dass es bei einer Anwendung über ein Jahr insgesamt zu einem Verlust von 5,8 Prozent des Übergewichts führen kann. Vergleichs-Probanden hatten in den Studien mit Placebo gleich viel abgenommen. Die Mediziner sind sich einig: dieser relativ kleine Nutzen rechtfertigt die andern Gefährdungen nicht. Und auch wenn das Mittel im Einzelfall beim Abnehmen hilft, so heisst das noch nicht, dass es später nicht wieder zu einer erneuten Gewichtszunahme kommen kann… Das Risiko bleibt.