20/7 Fettleibigkeitskatastrophe
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:02 |
Was für ein sperriges Wort. Vor mir liegt die Sommer-Doppelnummer von FITNESS TRIBUNE, dem Fachmagazin zur Gesundheitsförderung im deutschsprachigen Raum. – Wow, was für ein Anspruch! Europaweit alle Aspekte der Gesundheitsförderung abdecken, das ist ein Ding. (Vor vier Jahren hiess das Magazin noch „Fachorgan für Fitness und Wellness“, was der Sache deutlich näher kam. Denn noch immer dominieren Inserate und Texte zu Fragen der Fitnesscenter und deren Ausrüstung beziehungsweise Nebenbetrieben.)
Aber der Chefredaktor hat erkannt, dass die Adipositas-Epidemie, die auf uns zu und über uns hinweg rollt, ein unausweichliches Phänomen ist. Deshalb widmet er sein Editorial der „Fettleibigkeitskatastrophe“ und ruft sein primäres Zielpublikum, die BetreiberInnen von Muckibuden, auf, ihre Angebote vermehrt auf diese wachsende Bevölkerungsgruppe auszurichten: die Übergewichtigen und Adipositskranken. Nicht in erster Linie um einen Beitrag zur Volksgesundheit und zur Gesundheitsförderung zu leisten, sondern weil es sich um einen Markt mit garanierter Wachstums-Chance handelt, auf dem sich gutes Geld verdienen lässt.
Die Adipositas-Epidemie, schreibt er, müsse von der Fitness-Industrie als Überlebens-Chance genutzt werden. Zu diesem Zweck soll an einem Treffen in Locarno Anfang November dieses Jahres eine Deklaration verabschiedet werden, mit welcher sich die Muskel-Branche im „Gesundheitsförderungsmarkt“ neu positionieren will.
Das tönt alles sehr vielversprechend und ist lobenswert. Ich habe leider vor etwas mehr als zehn Jahren andere Erfahrungen gemacht. Damals habe ich von der Adipositas-Stiftung aus einen erleichterten Zugang für Adipöse zu Trainings-Möglichkeiten gesucht und mit der Spitze des Schweizer Verbands der Fitness-Center Kontakt aufgenommen. Es war ein schwieriger Prozess, bei dem von allem Anfang an die finanziellen Interessen im Vordergrund standen, wenn nicht gar blanke Ablehnung einem allfälligen adipösen Kundensegment entgegenschlug. Dicke als Center-Besucher waren nicht überall willkommen, und dort, wo sie Zugang hatten, wurden sie trainiert wie Spitzensportler.
Inzwischen hat sich das Bewusstsein vielleicht erweitert. Ich freue mich jedenfalls über den Vorstoss von FITNESS TRIBUNE. Wenn wirklich etwas draus wird, machen wir gerne mit.