4/8  Molliges Märchen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:25

In vielen Spiel- und TV-Filmen sind übergewichtige Hauptdarstellerinnen Chocolatièren, Patisserie- oder Zuckerbäckerinnen. Die Drehbuchautoren meinen wohl, da bestehe ein Zusammenhang zwischen  Beruf und Format.

Das war heute auch akkurat so in dem ORF-2-Film Molly & Mops. Die propere, ansehnlich füllige Molly ist eine exzellente Mehlspeisenköchin, also auf Desserts spezialisiert. Sie lebt in ländlicher Idylle mit Mutter und Grossmutter und macht sich auf nach Wien, um dort ihr Glück zu suchen. Unterwegs wird ihr von einer falschen (verkleideten) Nonne ihr Geld samt dem grossmütterlichen Rezeptbuch gestohlen und sie landet mittellos im malerischen Salzburg.

Ein Mopshund, der ihr zuläuft, ist verfressen und übergewichtig, deshalb verstehen sich die beiden im wahrsten Sinn des Wortes: „Mops“ kann sprechen, d.h. Molly versteht sein Bellen. Nach  vielerlei Irrungen und Wirrungen, die die beiden zu bestehen haben, erhält Molly ihr Geld zurück, macht ihr Glück, eröffnet einen eigenen Patisserie-Laden und verliert sogar ihre Jungfräulichkeit an einen Traummann, ohne sich allerdings zu  binden: sie bleibt frei und selbstbestimmt, eine moderne, starke, erfolgreich Frau, die ihren Weg geht.

Zu schön, um wahr zu sein, denkt man, wenn man sich im übrigen TV-Programm all die tristen Prekariats-Inszenierungen ansieht, mit denen das deutsche Privatfernsehen das Arbeitslosendasein zelebriert. Aber eben, es ist der österreichische Schmäh, der leggerte Charme der alten Donau-Monarchie, der da in unsere Gegenwart herüberschwappt… und man darf sich freuen, dass für einmal die Rundlichen nicht zum Abschaum der Ausgestossenen gehören, wie dies in den vermeintlichen Reality-Dokumentationen so gerne vorgeführt wird. (Der Film ist in der Nacht vom 7. August nochmals zu sehen.)