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Von Heinrich von Grünigen um 16:23 |
Ob ich schon abgenommen habe weiss ich nicht. Wie ich so an meinem Laptop sitze und mich mit sonntäglicher Musse durchs Facebook klicke, spüre ich, wie die Kälte langsam unter meinen kuscheligen Leisure-Dress kriecht. Es fröstelt mich. Nicht wegen der digitalen Lektüre, die mir meine fb-friends bescheren, sondern wegen der Temperatur.
Diese würde, hatte der Wettermann am Radio vorausgesagt, im Lauf des Nachmittags in empfindliche Tiefen gleiten. Und das wirkt sich über die grossen Fensterfronten zu beiden Seiten unserer Wohnung nun empfindlich aus. Das Zimmerthermometer zeigt noch knappe 20 Grad an. Sonst pendelt es um 23 herum.
Wir sind es nicht mehr gewohnt, mit tieferen Temperaturen zu leben. Für draussen packen wir uns selbstverständlich warm ein, flauschiger Schal um den Hals, eine Strickmütze tief in die Stirn gezogen, die Hände in Fäustlingen und den wattierten Mantel eng gezurrt… Aber in der Wohnung möchten wir es gemütlich haben. Es muss ja nicht das T-Shirt sein, aber so winterlich einmummen möchte man sich eigentlich doch auch nicht.
Dabei, und das sagen mittlerweile mmer mehr Adipositas-Fachleute, würde es unseren kalorienmässigen Grundverbrauch ganz schön ankurbeln, wenn die Innentemperatur in den Gebäuden in der zivilisierten Welt um ca. zwei Grad gesenkt würde. Auf Dauer würde so ein Teil des Kalorien-Überkonsums wieder vernichtet, in Körperwärme umgewandelt, abgestrahlt.
Aber der unfreiwillige Selbstversuch zeigt: auch frieren will gelernt sein! Wenn die Nase zu rinnen beginnt, die Füsse blau anlaufen und ein schubweises Zittern den Körper durchläuft, denke ich nicht an gesteigerten Kalorienverbrauch, sondern nur daran, wie ich so rasch wie möglich wieder ins Bett komme, unter die schützende Decke und in die behagliche Wärme des eigenen Körpers… Und für morgen wird die Bodenheizung einen Zacken höher gestellt.
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Von Heinrich von Grünigen um 23:26 |
Im aktuellen Beobachter habe ich einen kritischen Bericht gelesen. Es geht darum, dass ein Grossverteiler ein Präparat verkauft, das uner der Bezeichnung „Fit Control“ beim Abnehmen helfen soll. Es handelt sich offenbar um ein Nachahmerprodukt, das im Darm die Aufnahme von Fett bzw. Kohlenhydraten „blockt“ oder zumindest etwas reduziert.
Da es sich nicht um Medikamente handelt sondern um sogenannte „Medizinprodukte“ (Frage ans Publikum: wer kennt den Unterschied?), ist der Verkauf im Detailhandel ohne Rezept und medizinische Beratung völlig legal.
Allerdings gibt es dabei einige Probleme aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht, wie die vom Beobachter befragten Experten zu Recht feststellen. Zunächst muss man wissen, dass man mit diesen Pillen nicht „abnehmen“, sondern höchstens eine weitere Gewichtszunahme vermeiden oder verringen kann. Gross ist die Gefahr, dass diese Präprate im freien Verkauf von der immer grösser werdenden Schar junger Frauen mit Anorexie (Magersucht) gekauft und konsumiert werden. Und dass sie genau zu dem werden, was man bisher manchen seriösen Präparaten vorzuwerfen versucht hat: zu Party-Pillen, die von vor einer exzessiven Mahlzeit noch schnell eingeworfen werden, um die Folgen des Schlemmens etwas einzudämmen…
Aber gerade das ist dann eine völlig falsche Gewöhnung. Wer erfolgreich und dauerhaft abnehmen will, muss sein ganzes Ernährungs- und Bewegungsverhalten umstellen. Dazu gehört auch der Umgang mit gelegentlichen „Ausnahmen“.
Die MIGROS als einer der prägendsten Anbieter im Lebensmittelmarkt hat mit solchen Produkten ein Glaubwürdigkeitsproblem. Auf der einen Seite macht sie mit beim freiwilligen Programm des BAG, actionsanté, und reduziert Salz- und Zuckergehalt in gewissen Produkten (solange sich diese deswegen nicht schlechter verkaufen…), anderseits werden laufend neue Produkte in die Regale gestellt, die als wahre Kalorienbomben das Sortiment an „ungesunden“ Angeboen erweitern… und nun werden die „Gegenmittel“ auch gerade mitgleiefert… das hat nichts mit gesundheitsbewusstem Verhalten zu tun, lediglich mit Gewinnoptimierung und mit cleverem Marketing. Echt glaubwürdig würde der Orange Riese erst, wenn er konsequent jene Produkte aus dem Sortiment verbannen würde, die mit extremer Kaloriendichte, billigen Inhaltsstoffen, hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt dazu beitragen, dass ein grosser Teil der KonsumentInnen sich wider besseres Wissen „falsch“ ernähren.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:13 |
Süss ist nicht gleich süss. Und Zucker ist nicht gleich Zucker. Dabei geht es hier nicht um den „Weil-aus-der-Schweiz“-Zucker, sondern um zwei ganz bestimmte Zucker-Arten, die im Körper unterschiedliche Reaktionen auslösen können. Nachzulesen sind die Fakten dazu im heutigen Blick am Abend.
Es ist also nicht nur die Zucker-Menge an sich, die wir zu uns nehmen und die als Pro-Kopf-Verbrauch in den letzten Jahrzehnten massiv angestiegen ist, es kommt bei der Gewichtszunahme auch auf die besondere Art des Zuckers an. Fructose oder Glucose? Das ist hier die Frage.
Versuche mit Menschen ujnd mit Tieren haben gezeigt: wer viel Fructose isst, nimmt eher zu, wer dagegen Glucose zu sich nimmt, nimmt eher ab bzw. bewegt sich mehr und verbrennt mehr Energie.
Nun ist der Mensch allerdings ein kompliziertes Individuum und der Stoffwechsel ein hoch komplexer Vorgang, der sich kaum willensmässig beeinflussen lässt (auch wenn es immer wieder Verfechter einer stur-mechanistischen Lehre gibt, die den menschlichen Organismus für ein Dampfmaschinchen halten, das man einfach nicht überhitzen sollte…).
Deshalb gibt es (bis jetzt) auch keine einfachen Rezepte. Gäbe es diese, wären wir alle schlank. Aber es gibt Erkenntnisse, die man berücksichtigen kann, damit der beschwerliche Weg zum Ziel etwas leichter wird. Und von Zeit zu Zeit beschert uns die Forschung eine neue Einsicht.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:31 |
Es ist lange her, die Kinder konnten kein Englisch und alles, was sie verstanden, klang wie Hotte-Notte-Nigolin, In-De-Niggel-Holion. Das war natürlich keine Geheimbotschaft und auch keine unverständliche Eingeborenensprache, sondern wäre Englisch gewesen und hätte richtig geheissen: Put another Nickel in, in the Nickelodeon. Oder zu deutsh: Wirf doch noch eine Münze in den Musikautomaten!
Ums Einwerfen von Münzen geht es immer noch. Denn Nickelodeon ist mittlerweile als weltweiter TV-Anbieter von Kinderprogrammen zu einem Kommunikations-Gigangen geworden, der in die Kinderstuben aller Nationen hinein reicht und internationale Verhaltensmuster prägt und Geschmacks-Standards setzt, die ganze Generationen charakterisieren.
Es ist deshalb nicht trivial, was auf diesem Sender an Werbung zu sehen ist. Deshalb haben sich Anfang dieser Woche 30 namhafte Spezialisten auf dem Gebiet der Ernährung, der Medizin, der Präventions- und Gesundheitspolitik mit einer Petition an den Kinderkanal und dessen Betreibergesellschaft Viacom gewandt. Nickelodeon solle, so wird darin postuliert, eine resriktivere Politik bezüglich der Junk-Food-Promotion einführen und sich vermehrte Zurückhaltung auferlegen, für welche Produkte die Nickelodeon-Protagonisten wie Spongebob und Co. in Zukunft werben sollten.
Vorbild für eine solche freiwillige Selbstbeschränkung sind die Disney-Channels, die entsprechende Regelungen bereits eingeführt haben. – Alle Bemühungen der Eltern, ihre Kinder zu „richtigem“ Essverhalten zu erziehen, würden zunichte gemacht durch das permanente TV-Bombardement mit verhängnisvollen Botschaften, die praktisch nur ungesundes Zeug anböten, das – so direkt wurde dies noch kaum je formuliert – das bei den Kids „Adipositas, Diabetes und andere Gesundheitsprobleme“ verursache, sagen die Experten. Nickelodeon werde dadurch zum direkten Gegenspieler von verantwortungsbewussten Eltern, was zu einem täglichen Kleinkrieg in den Familien führe, vom Frühstück über den Einkauf bis zu Trotzreaktionen im Restaurant und im Gemüseladen…
Das Lebensmitttel-Marketing, so die Konklusion, forme das Essverhalten der Kinder für ihr ganzes Leben. Da nützten elterliche Verbote wenig bis nichts, denn der Einfluss der falschen TV-Vorbilder in seiner permanenten Repetiotion sei stärker und prägender als jede erzieherische Anstrengung. Sie sollten aufhören, sagen die Experten, unseren Job als Eltern mit Absicht noch schwieriger zu machen, als er ohnehin ist. – Aber eben: letztlich geht es ja um den Nickel, den Batzen, der verdient sein will. Und um den dummen Aberglauben von der Allmacht des Marktes…
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Von Heinrich von Grünigen um 14:23 |
Was war zuerst? Das Huhn oder das Ei? Ein philosophischer Streit. Neuerdings geht es auch bei der Adipositas nicht anders zu und her. Bisher glaubte man, eine der häufigsten Nebenwirkungen von Übergewicht und Adipositas seien der erhöhte Insulin-Spiegel und die Insulin-Resistenz.
Aufgrund von Tierversuchen (mit Mäusen) haben Forscher jedoch entdeckt, dass ein hoher Insulin-Spiegel nicht die Folge von Übergewicht ist, sondern umgekehrt: dass ein ständig erhöhter Insulin-Spiegel das Übergewicht und die Adipositas erst richtig erzeugt.
Ursache und Auswirkung wären also gerade vertauscht worden. Wenn es gelänge, den Insulin-Spiegel tief zu halten, würde sich das Übergewicht gar nicht erst einstellen. Der hohe Insulin-Spiegel allerdings ist wiederum dem vielen Essen zuzuschreiben….
Tiere mit konstant tiefem Insulin-Spiegel konnten in den wissenschaftlichen Tests essen wovon und wieviel sie wollten. Unbesehen der Menge und der Kaloriendichte: sie nahmen nicht zu. Bei tiefem Insulin-Spiegel entwickelte das weisse Körperfett die Eigenschaft des braunen Fettes, ein Zuviel an aufgenommener Energie in Wärme umzuwandeln…
Wäre dies das Ende der mechanistischen Input/Output-Theorie, die den lebendigen Organismus mit einem Verbrennungsmotor gleichsetzt, bei dem nur das Verhältnis der Mengen bzw. deren Balance eine Rolle spielt?
Noch ist es zu früh, darüber zu spekulieren, denn es liegen erst Tierversuche vor und man hat noch keine Vorstellung davon, was die neue Erkenntnis im Blick auf die Adipositas-Therapie überhaupt bedeuten könnte. Warten wir also die weiteren Forschungen ab.
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Von Heinrich von Grünigen um 15:42 |
Seit Jahrzehnten kaufe ich meine Kleidung im Spezialgeschäft, dort wo es die grossen Grössen gibt. Früher standen im Schaufenster die Modelpuppen mit den dicken Kugelbäuchen. Das hatte etwas sehr Gemütliches, diese breitbeinige Behäbigkeit hinter Glas, die uns signalisierte: seht her, wir haben diese wuchtigen Kleidungsstücke nicht nur am Lager, wir zeigen sie auch!
Ich möchte diese Erinnerung an den älteren Herrn mit Hemd, Gilet und Anzug nicht missen. Einen schwarzen Schnauz hatte er auch, und eine Melone auf dem Kopf, so wie man sich früher die Bankdirektoren vorstellte, als sie noch keinem Magerkeits- und Golfspiel-Zwang unterworfen waren.
Ich weiss nicht, ob es sich bei diesen Schaufensterpuppen um selbsgebastelte Spezialanfertigungen handelte… denn es verblüfft doch einigermassen, dass in diesen Tagen im Internet Bilder auftauchen von stämmigen, wohlbeleibten, aber keinesfalls abschreckend dicken männlichen Mannequins, verbunden mit der Frage, ob es denn sonst niemand schrecklich finde, dass man heute so dicke Puppen herstelle?
Dabei wird hier nichts anderes abgebildet als ein Teil der täglichen Realität. Ist dies eine weitere schäbige Form der Diskriminierung? Stattliche Frauen werden im Zusammenhang mit Mode höchstens unvorteilhaft dargestellt, mit wulstigen Ausstülpungen, die es durch geeignete Kleidungsstücke zu kaschieren gilt… Die Welt ist ungerecht. Das sollten wir nicht akzeptieren.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:35 |
In Zürich schlägt ein Thema Wellen. Es geht um den Clash der Kulturen: Hochkultur versus Unkultur… gepflegte Dramatik gegen ungepflegte Kulinarik. Oder anders gesagt: im Häuserkomplex, in dem das Schauspielhaus untergebracht ist, soll eine McDonald’s-Filiale einziehen.
Die Kulturwächter schlagen Alarm. Es sei reine Blasphemie, dass in unmittelbarer Nähe zum vielgerühmten Musentempel – und auch unweit des Kunsthauses – eine triviale und unkultivierte Stätte des schnellen Verzehrs eingerichtet werde. Dies bedeute eine Schändung aller kulturellen Werte der Stadt.
Die Befürworter halten dagegen: es sei für die verstaubte Theaterliteratur doch eine begrüssenswerte Wohltat, wenn eine zeitgeistig-aktuelle Verpflegungsstätte ein niederschwelliges Speise-Angebot mache.
Interessant ist, dass in der ganzen Kontroverse eigentlich nie die Rede davon war, dass in relativer Nähe zum geplanten Fastfood-Imbiss Schulhäuser stehen, deren Kids durch den kurzen Weg zu McDonald’s verführt werden könnten, sich am Mittag und in den Pausen vermehrt von dessen Angeboten zu ernähren. – Gleichzeitig wird in der Grafschaft Kent in England ein Gesetz erwogen, das eine klare zahlenmässige Limitierung der Fastfood-Buden im Umfeld von öffentlichen Lehranstalten vorsieht. Denn in England ist bereits jedes vierte Kind zu dick.
Hier liegt wohl der wirklich ernst zu nehmende Grund für Besorgnis. Beim Theater erübrigen sich die kulinarischen Skrupel. Es ist definitiv davon auszugehen, dass zu Shakespeares Zeiten neben dem Theater in Stratford upon Avon nicht luxuriös gepflegte gastronomische Hochkultur angeboten wurde, sondern dass die Besucher all das assen und tranken, was auch zuhause und in den normalen Kneipen auf den Tisch kam. Und wenn fliegende Händler rund ums Theater ihre Fressalien anboten, machte sich niemand Gedanken um den Kulturverfall…
Manchmal möchnte man die Sorgen haben, die wir zu haben meinen.
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Von Heinrich von Grünigen um 22:02 |
Es war ein rauschender Anlass, gestern. Grund war ein quasi runder Geburtstag im Freundeskreis. Man traf sich in einem kleinen privaten Kellerkino am Stadtrand, eine cinéastisch verschworene Gesellschaft, und führte sich einen raren Chaplin-Film aus der Frühzeit zu Gemüte mit den wahnwitzigen Action-Szenen, die damals in einer einzigen Kameraeinstellung und integral gedreht werden mussten. Dann folgte ein herzberührender Hollywood-Musicalfilm in leuchtendem Technicolor aus den Vierzigerjahren und das Ganze war ein Nostalgietrip der besonderen Güteklasse.
Anschliessend gings zum Jubilar heim, wo ein sympathisches Buffet wartete, unterlegt mit guten Gesprächen unter Menschen, die selber auch jedes Jahr ein Jahr älter werden. Und auch wenn sich einzelne nur in Intervallen sehen, so sieht man doch in erster Linie an den andern (und nicht an sich selber) wie die Zeit vergeht: plötzlich fällt einem auf, dass dieser kürzere Schritte nimmt, dass jene nur noch mühsam vom Sofa aufsteht um in die Küche zu gehen, dass ein anderer etwas eingenickt scheint in seinem Lehnstuhl, während andere wie immer eifrig debattieren und gemeinsame Erfahrungen austauschen.
Der Verlauf der Zeit, wie er sich in Menschen niederschlägt, die alle gemeinsam so alt geworden sind, dass sie mit Fug und Recht das eine oder andere Zipperlein haben dürfen… die einen sind immer noch fit und gelenkig, obwohl sie tüchtig dem Wein zusprechen und einen Glimmstängel nach dem andern verfeuern, während andere sich still bedienen lassen und ihre Bewegungen auf das notwendige Minimum reduzieren. Wichtig bleibt, dass man sich getroffen hat, dass man sich austauschen konnte und realisierte, es gibt sie noch, unsere Welt und das, was uns verbindet. Und es ist gut, dass es Anlässe gibt, sich gelegentlich wieder zu sehen, in dem, was wir für die alte Frische halten.
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