6/1  Christine und die Fettsteuer

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:22

Damit haben sie wohl nicht gerechnet. Die Leute, die frohen Mutes die Nachricht verbreitet haben, dass die etwas dickeren Menschen länger lebten und gesünder wären. Diese Information war für die Fachwelt zwar nicht überraschend, aber sie hat Folgen, auf die ich schon in meinem ersten Kommentar dazu hingewiesen hatte.

In der Sendung Sonntalk, die vom zürcherischen Lokalfernsehen in der Grossstadt und in einigen ihrer Vorortsgemeinden ausgestrahlt wird, sagte nun heute die Aargauer Ständerätin Christine Egerszegi auf die Frage nach Frust und Lust der vergangenen Woche, sie habe sich über diese Meldung sehr gefreut, unter anderem weil damit die Fettsteuer nun wohl definitiv weg vom Fenster sei.

Dabei, so hatte ich bisher geglaubt, ist Egerszegi eine Politikerin mit Augenmass und Vernunft. Dass sie hier nun, ungetrübt von fachlicher Kenntnis, so plump ins Horn der Deregulierer bläst, tut schon fast weh. Da wird ihr SR-Kollege Gutzwiller einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten haben, denn der statistische Befund einer relativ robusteren Gesundheit der leicht übergewichtigen, sonst aber fitten Menschen gegenüber den unfitten und schlaffen Dünnen sagt gar nichts aus über die effektiven Risiken der stark übergewichtigen Adipösen, von denen es in der Schweiz rund eine halbe Million gibt. Und dass deren Anzahl infolge der herrschenden Verhältnisse weltweit weiterhin im Steigen begriffen ist, bleibt nach wie vor eine Tatsache, die auch unser künftiges Gesundheitswesen massiv belasten wird, wenn es nicht gelingt, durch geeignete Massnahmen dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten.

Dazu gehören möglicherweise Lenkungsabgaben auf bestimmten Lebensmitteln und Konsumgütern. Denn es gilt zu erreichen, dass weiterhin Kinder schon zu früh zu viel Gewicht ansetzen, wodurch sie quasi zu einer späteren Adipositas verurteilt sind. Es gilt auch zu erreichen, dass junge Menschen sich und ihren Körper akzeptieren können ohne in einen Schlankheitswahn zu verfallen, der sie in eine Diät-Spirale treibe, dass sie ein leichtes („ungefährliches“) Übergewicht akzeptieren, aber gleichzeitig auf ihre Fitness und eine vernünftige Ernährung achten lernen, ev. angespornt durch finanzielle Anreize, indem Früchte und Gemüse verbilligt würden… Hier ist ein weites Handlungsfeld offen. Es gibt noch kein Patentrezept, denn zuviele Faktoren begünstigen im Laufe unseres Lebens die Entstehung von zu starkem Übergewicht. Da ist politisches Handeln mit Augenmass und Vernunft gefordert. Wir zählen auf Christine Egerszegi!