16/7  Mitgefühl zulassen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:27

Dies ist die berührende Geschichte von Dr. Peter Attia. In einer TV-Show hatte er ein Statement abgegeben. Er hatte berichtet, dass er einmal eine Patientin zu betreuen hatte, die infolge ihres Übergewichts einen Diabetes entwickelt hatte, der so weit fortgeschritten war, dass man ihren Fuss amputieren musste.

Attia erinnerte sich, dass ihn beim Anblick des offenen Fusses mit der schwärenden Wunde der Gedanke befiel, ob diese Frau nicht ihr Leiden ein Stück weit selber verurschuldet habe, denn wenn sie weniger gegessen und sich mehr bewegt hätte… Und im gleichen Augenblick wurde ihm bewusst, mit welch anderen Gefühlen der Anteilnahme er wenige Tage zuvor eine junge, frisch verheiratete Frau behandelt hatte, deren Schmerzen im Rückenbereich sich als eine fortgeschrittene Krebserkrankung herausgestellt hatten.

Im Rückblick wurde ihm klar, wie unfair und voreingenommen er in seinen Gefühlen der übergewichtigen Patientin gegenüber gewesen war und er entschuldigte sich in der TV-Sendung öffentlich für seine Haltung. – Die Rückmeldungen, die er darauf erhielt, waren überwältigend. Zahlreiche Ärzte meldeten sich, die ihm mitteilten, dass sie jahrelang wie er reagieert hätten und dass die öffentliche Diskussion ihnen nun die Augen geöffnet habe.

Wie kommen wir dazu, sagten sie, unsere Patienten zu beurteilen – und sogar zu ver-urteilen – , von denen wir doch so wenig wissen, dass wir uns gar nicht in ihre Lage versetzen können. Menschen, die alles unternehmen, jede Empfehlung beachten und so „gesund“ zu leben versuchen wie es nur geht… und die doch nicht abnehmen können, weil die Ursachen ihres Leidens viel komplexer sind.

Ein Arzt – ein Adipositas-Spezialist – hat mir den Link zu dieser Geschichte geschickt, mit der Bemerkung, dass wir bei uns wohl insgesamt noch weit von einer solchen anteilnehmenden Haltung entfernt sind… dass diese Geschichte aber die Richtung weist, in welcher wir uns bewegen sollten. Ein wichtiger Gedanke.