4/9 Gedanken beim Nähen
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 14:31 |
Eine Nachricht in den Nachrichten. Es sei – besagt sie – laut einer NGO-Studie nicht auszuschliessen, dass auch renommierte Schweizer Firmen im Bekleidungsbereich ihre Ware in Asien mithilfe von Kinderarbeit herstellen lassen.
Kinderarbeit ist ein mehrschichtiges Problem. Auf der einen Seite gibt es ganze Landstriche, wo Eltern ihre Kinder als Arbeitssklaven „verkaufen“ müssen, weil dies der einzige Weg für die Familie ist, um zu überleben. Wenn solche Kinder und Jugendliche einen fairen Lohn erhalten und unter menschenwürdigen Bedingungen so tätig sind, dass sie daneben zur Schule gehen und etwas lernen können, dann ist dies besser als eine gnadenlose Ausbeutung der Kleinen, wie sie auch bei uns vor noch nicht allzu langer Zeit gang und gäbe war.
Aber grundsätzlich sollten Kinder auch als Kinder aufwachsen, spielen, lernen, sich entwickeln können, unter Respektierung der international anerkannten Charta der Kinderrechte.
Die Meldung hat mich heute Morgen beim Aufstehen wieder eingeholt und ich habe mir vorzustellen versucht, wie so ein indischer oder pakistanischer Textilarbeiter (oder war es ev. sogar ein Kind?) an seiner Nähmaschine sitzt und im Akkord für einen minimalen Lohn meine 5XL-Unterhose näht… und welche Gedanken dabei den Arbeitenden durch den Kopf gehen, wenn sie sich vorstellen, welcher europäische oder amerikanisch A**** einmal in diesem Kleidungsstück stecken wird, mit dem man zuhause die ganze Familie bekleiden könnte… Wie überhaupt Menschen leben würden, die solch riesige Unterhosen oder T-Shirts wie Biwakzelte brauchen… was die den ganzen Tag verschlingen mögen, dass sie so unförmig und dick werden, dabei geht die Produktelinie, an der in dieser riesigen Halle von Hunderten von NäherInnen gearbeitet wird, bis zu 10XL… eine Grösse, die kaum mehr vorstellbar ist, es sei denn, man würde einen Fahrradanhänger damit überziehen…
Und dann stellt sich der Vergleich ein zwischen dem Speiseplan des Textilarbeiters und dem meinen, der darauf ausgerichtet ist, dass ich wenn möglich etwas abnehmen kann. Eine Sorge, die der Arbeiter oder das Kind an der Nähmaschine nicht kennt, wenn seine flinken Finger die Stoffbahn unter der Nadel durch führen und wenn am Schluss der Stempel unterhalb des Elastikbandes auf den Stoff kommt: 100% COTTON / MADE IN INDIA
Sehr schön erklärt. Aus der Perspektive der Arbeiter habe ich es noch nie betrachtet. Hast schon Recht mit deren Vorstellungen über unser Leben hier. So sehr wir aber dagegen poltern: es wird nichts passieren. Es ist einfach das System. Der dicke Ami oder Europäer wird sicherlich nicht gerne mehr Geld bezahlen, weshalb es ihm recht ist mit der Kinderarbeit – mehr oder weniger.