25/9 Extrabreit
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:48 |
Ein Thema im heutigen TagesAnzeiger. Aufgrund einer Beobachtung in der Londoner U-Bahn werden Leute kritisiert, die sich im öffentlichen Verkehr – offenbar absichtlich – besonders breit und raumgreifend hinsetzen, damit sonst niemand auf der Bank oder im Abteil Platz nehmen kann.
Das Thema betrifft mich doppelt. Zum einen aktiv: ich bin viel unterwegs in der SBB und stosse immer wieder auf Zeitgenossen (meist sind es Männer mit Business-Hintergrund), die ein ganzes Abteil für sich allein belegen: neben sich postieren sie die Laptop-Tasche, während der PC vor ihnen auf dem Tischlein aufgebaut ist, vis-à-vis haben sie ihren Mantel oder das Jackett aufgehängt und auf dem letzten leeren Platz deponieren sie einen imposanten Aktenkoffer. Damit ist der Territorialkreis abgesteckt und es braucht eine gewisse Überwindung, vorsichtig zu fragen, ob wohl einer der Plätze noch verfügbar sei.
Zum andern passiv: wenn ich selber mit meiner Leibesfülle in einem Abteil sitze (in der Strassenbahn belege ich von Natur aus zwei Dritttel einer Doppel-Sitzbank), ist die Chance klein, dass ein weiterer Passagier dazu stösst. Erst wenn der Zug rappelvoll ist, fragt jemand, ob der verbleibende Raum neben mir noch frei sei… und ich sage dann jeweils (vermeintlich spassig): Jemand schmaler hat durchaus noch Platz.
Letztes Mal, auf dem Weg von Bern nach Zürich, war es auch wieder so. Ich sagte mein Sprüchlein… und wurde in diesem Moment gewahr, dass die Dame, die gefragt hatte, selber etwas füllig war… Peinlich, peinlich! – In einem Anflug von Schadensbegrenzung fügte ich sogleich bei: Ok,wir zwei Schönen kommen uns nicht in die Quere... – Und merkte sogleich, dass auch hier der Rand des Fettnapfs gestreift war.
Ich versuchte mich dünn zu machen, die Dame tat ein Gleiches, und tatsächlich hatten wir beide auf der Bank Platz und fuhren friedlich durch die Landschaft… Die Diskussion in England – und auch im TagesAnzeiger – wurde primär unter dem Aspekt der Geschlechter-Spezifikation geführt: der „Raumdiebstahl“ sei eine vornehmlich männliche Angelegenheit. – Wir XXL-Menschen hingegen brauchen ohne Ansehen des Geschlechts unseren Platz.