3/10  Wer kann, der kann

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:39

Ich war zutiefst beeindruckt. In der elektronischen Post war heute eine Nachricht gekommen. Eine Leserin unseres Magazins hatte sich kritisch mit einem Rezept auseinandergesetzt, das wir darin publiziert hatten. Sie beanstandete, die angegebenen Mengen der Zutaten seien viel zu gross, da müsse ein Irrtum vorliegen.

Sie selber, fügte sie an, habe 40 Kilo abgenommen. Sie esse höchstens einen Drittel einer Normal-Portion, möglichst über den ganzen Tag verteilt, und sie könne sich sogar Süssigkeiten gönnen.

Ich antwortete ihr voller Anerkennung dafür, dass es ihr gelungen sei, so viel abzunehmen und eine so eingeschränkte Ernährung ohne Rückfall durchzuhalten… Nur wenige hätten diese Willenskraft und könnten im Wirbelsturm der täglichen Versuchungen bestehen… Sie solle auf jeden Fall so weiter machen und sich nicht beirren lassen. Das Menü, das wir vorgestellt hatten, sei allerdings bewusst so konzipiert, dass bei geringer Kalorien-Dichte ein möglichst grosses Nahrungsvolumen entstehe, so dass sich beim Essen ein Sättigungsgefühl einstellen könne, ohne dass zu viel Energie aufgenommen werde.

Es dauerte nicht lange, da kam ihre Antwort: sie habe sich am Magen operieren lassen, schrieb die Leserin. Eine Schlauchmagen-Operation („Sleeve“), und dank guter Betreuung und konsequenter Physiotherapie sei sie sehr gut gefahren damit. – Aha, das also war des Pudels Kern! Damit war das „Rätsel“ der 40 Kilos gelöst, und auch eine Antwort gefunden auf die Frage, wie sie es mit bloss einem Drittel einer „normalen“ Mahlzeiten-Portion ausgehalten hatte ohne rückfällig zu werden: der auf einen schmalen Schlauch verkleinerte Rest-Magen hatte ihr gar keine andere Wahl gelassen, sie hatte sich nach wenigen Bissen satt gefühlt und ihr Gewicht mit Erfolg reduziert.

Meine Hochachtung hat sie dennoch verdient. Eine Magen-Verkleinerung ist kein Sonntagsspaziergang. Sie bedingt eine grosse Umstellung in vielen Belangen des Alltags und nicht jedem ist es gegeben, diese Herausfoderungen klaglos zu bestehen. Wer es schafft, dem gebührt Anerkennung.