26/11 Keine Mehrheit
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:28 |
Lange Gesichter bei den Leuten, die gestern noch auf dem Bundesplatz gestanden hatten. Sie verteilten vor der Nachmittags-Session Äpfel und ein Flugblatt an die ParlamentarierInnen, die ins Regierungsgebäude strömten. Ziel der Aktion war es, in letzter Minute noch den einen oder die andere dafür gewinnen zu können, der Revision von Artikel 14, Absatz 2bis des Lebensmittelgesetzes zuzusatimmen.
Dieser Zusatz sollte festschreiben, dass dem Bundesrat die Kompetenz erteilt wird, dann, wenn er es für richtig hält, die Werbung für „ungeeignete Lebensmittel“, wenn sie an Kinder und Jugendliche gerichtet ist, einzuschränken. Also kein Verbot, sondern eine Kann-Ermächtigung. Die nach wie vor steigende Anzahl übergewichtiger Kinder und die Omnipräsenz von Werbespots, in denen für Süsswaren und Schleckereien geworben wird, legten eine solche Ermächtigung mehr als nahe, zumal eine Studie bei der Schweizer Schuljugend gezeigt hatte, wie nachhaltig der Einfluss der Werbung auf das Kaufverhalten der Jugendlichen ist.
Bei der ersten Lesung in Nationalrat war dieser Zusatz auf Empfehlung der vorbereitenden Kommission glatt durchgegangen. Der Ständerat hatte dann anders entschieden, entgegen der Empfehlung seiner Fachkommission und mit dem Stichentscheid des Präsidenten. So musste das Geschäft nochmals zurück in den Nationalrat. Zunächst war die Hoffnung da, dass dieser wieder klar seinen ersten Entscheid betätigen möge…
Inzwischen hatten die Freiheitslobbyisten aber ihres Amtes gewaltet. Ihnen ist jede Möglichkeit einer staatlichen Auflage, welche den Profit ihrer Klientel schmälern könnte, ein Gräuel. Die rechte Flanke schloss sich. Besonders enttäuschend, dass sich selbst PolitikerInnen instrumentalisieren liessen, die sonst nicht müde werden, ihr Engagement in Gesundheitsfragen zu demonstrieren.
Von Toni Bortoluzzi konnte man nichts anderes erwarten, aber Doris Fiala dürfte sich für ihre Nein-Stimme etwas schämen, auch von Kathy Riklin hätte man eine andere Haltung erwartet… aber die Mehrheit der CVP-Leute hatte nein gestimmt, obwohl sie sonst ja das Wohl der Familie auf ihre Fahne heften… löbliche Ausnahmen: Ruth Humbel und vier weitere.
Es war ein Lehrstück in Demokratie. Um die Sache geht es vielen nicht, sondern nur um die Ideologie. Die Aufklärungsarbeit muss weitergehen.