13/3 Vanille-Traum(a)
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:58 |
Ein Geruch ist verbunden mit Erinnerungen. Als unsere Kinder klein waren und sich erstmals auf Fahrräder schwingen konnten, führte eine unserer beliebten Strecken dem in einem Kanal gefangenen Flüsschen Glatt entlang. Dabei kam man unausweichlich an einem unscheinbaren Fabrik-Komplex vorbei, der sich schon von weitem durch auffällige Gerüche bemerkbar machte. Je nach Windrichtung waren diese Düfte mal intensiver, mal diskreter und es war nicht immer einfach, sie zu identifizieren… manchmal stank es auch einfach nur undefinierbar.
Das war jeweils der Willkommensgruss von Givaudan, dem weltgrössten Hersteller von künstlichen Aromen, mit Sitz in der Schweiz und einem Jahresumsatz von 4,4 Milliarden. Mit leichtem Schaudern kurvten wir um das wenig ansehnliche Gemäuer der Fabrik – einer von vielen – und fragten uns, für welches Produkt in welchem Markt der gerade aktuelle Gestank wohl bestimmt sei…
Eines der beliebtesten Aromen überhaupt ist Vanille. Ein Gewürz, dass aus den fermentierten Früchten einer Orchideen-Art gewonnen wird und in zahlreichen Lebensmitteln anzutreffen ist: die kleinen schwarzen Pünktchen, die sich mit dem Messer aus der Schote kratzen lassen… aber so viele Pflanzen können gar nicht wachsen, wie es brauchen würde, um den weltweiten Bedarf an diesem besonderen Geschmack zu decken. Deshalb findet man nicht selten anstatt der originalen Vanille-Pünktchen in bestimmten Produkten bloss einen optischen Ersatz in Form von Kaffeesatz…
Der typische Vanille-Geschmack wird bei Givaudan gekauft. Dass es dabei nicht um einen Einheits-Standard geht, wird klar, wenn man eine Ausschreibung zu einem Webinar sieht, das von Givaudan am 27. März 2014 online veranstaltet wird. Da wird man während einer halben Stunde in die industriellen Geheimnisse der Fertigung von Hunderten von Vanille-Typen eingeweiht, um zu erfahren, wie es Givaudan gelingt, auf spezifische Kundenwünsche einzugehen und Aromen nach Mass und Bedarf zu produzieren… Das Online-Webinar ist offen für alle; wer sich anmeldet, bekommt die Zugangs-Daten. Ob man nachher jemals wieder Vanille-Eis schlecken kann, ist eine andere Frage.