9/6 Automatisch einkaufen
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:24 |
Manchmal hat man das Gefühl, die Zeit schlage Haken. Oder ziehe einen Looping und kehre an einen Ort zurück, an dem sie vor Längerem schon mal verweilte. Dieses Gefühl beschlich mich, als ich – offenbar so gemeint – einen Bericht über eine bahnbrechende technische Innovation sah: einen Automaten, der den Supermarkt ersetzt.
Das Besondere an der Nachricht ist wohl dies, dass der besagte Automat in einer kleinen englischen Ortschaft den letzten Tante-Emma-Laden beerbt, der unlängst geschlossen wurde. 80 Produkte führt er im Sortiment. Das ist natürlich etwas anderes.
Ich erinnere mich, dass es in Zürich vor gefühlten 30 Jahren mindestens zwei solcher Anlagen gab. Die eine war beim Hauptbahnhof im ShopVille, auf der Seite vom Bahnhofquai, die andere war in Oerlikon, an der Ecke Schwamendinger-/Dörflistrasse beim Zentrum Dorflinde. Ein Monstrum, gross wie ein Schaufenster, wo man sich seine Produkte aussuchen, dann das Geld einwerfen und zuschauen konnte, wie eine Art Lift mit einer Auffangschale zu dem betreffenden Artikel hin fuhr, dieser dann in die Schale gestossen wurde, welche ihn zu einem Fenster brachte, bei dem man die Einkäufe heraus fischen konnte.
Ich erinnere mich auch, wie oft der Schalenlift verklemmt war, das Geld im Automat stecken blieb, der Besuch zu später Nachtstunde im Frust endete. Speziell war auch die Klientel, die den Automaten frequentierte. Man hielt immer einen Anstands-Abstand und vermied es, mit dem Einkaufs-Kollegen Augenkontakt aufzunehmen, wer wusste, ob dieser genug Geld bei sich hatte oder auf einen schnellen Mundraub aus war..?
Das war die Zeit, als die Geschäfte noch strikte Öffnungszeiten kannten, als noch nicht an jeder Ecke und an jedem Kiosk die halbe Lebensmittel-Palette erstanden werden konnte… Aber plötzlich waren die Automaten verschwunden, es fehlte ihnen die Exklusivität, sie wurden überholt von Kebab-Ständen, Burger-Buden, ja sogar behäbige Genossenschaftsbetriebe wie Migros und Coop hielten ihre Waren immer tiefen in die Nacht hinein feil, ganz abgesehen von den Tankstellen, die nicht nur die Autos sondern auch zunehmend deren Fahrer mit Energie in fester und flüssiger Form versorgten.
Damit hatte sich bei uns der Kreis wieder geschlossen, von Tuttis erstem Migros-Saurer, der als fahrbarer Lebensmittel-Laden durch die Dörfer tuckerte, bis zum Hauslieferdienst von LeShop und Konsorten… Die Automaten waren eine kurzlebige Zwischenstation. Hierzulande dürfte die Zukunft eher dem innovativen Hofladen gehören, der sich für ein breiteres Publikum zu etablieren beginnt.