12/8 Natürlich geräuchert
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:18 |
Wenn ich diesen Hinweis auf der Packung lese, wird mir heimelig zumute. Vor dem inneren Auge steigt die Metzgete auf dem Bauernhof herauf. Einmal pro Jahr kam der Störmetzger, von den Tieren, die für dieses Datum fällig waren, hatten wir Kinder bereits Abschied genommen: die gut gemästeten Säulein, das Rind, das Kälblein und eventuell noch ein Schaf…
Das Töten der Tiere gehörte zum Ritual, man wusste von nichts anderem, es ging quasi „human“ zu, unter gutem Zureden… dann wurde dem Kadaver die Haut abgezogen, das Schwein wurde gebrüht und die Borsten abgeschabt, dann kam die Zerteilung in die verschiedenen Fleisch-Kategorien, Würste wurden in der Küche in die Därme abgefüllt, andere Stücke eingepökelt und ganze Speckseiten kamen mit den frischen Dauerwürsten in den grossen Kamin im Wäschehaus, wo in den nächsten Tagen ein stetes Feuer unterhalten wurde mit einem besonderen Holzgemisch, dasmit der Rauch das Fleisch so lange haltbar mache, bis es übers Jahr wieder Nachschub gab…
Das war die natürlichste Sache der Welt und der Geschmack des geräucherten Bauernspecks war unvergleichlich, so etwas ist heute nur noch selten zu finden, allenfalls in einer alternativen ländlichen Besenbeiz oder im Hofladen. – Aber auch industriell gefertigte Fleischprodukte werden gern mit diesem Label veredelt: „natürlich geräuchert“ – und auf der Abbildung sieht man die Stücke, wie sie im Rauchfang hängen und langsam reifen.
Was natürlich in der Realität meist nicht mehr stimmt: das Fleisch kommt für eine genau abgemessene Zeit in eine spezielle Räucherkammer, wird dort einem Rauch aus Sägemehl und anderem ausgesetzt, nicht länger als es braucht, bis sich Farbe und Geschmack optimal entwickelt haben… dann geht es in den Verkauf.
Dies, so sagt nun eine europäische Richtlinie aus Brüssel, soll nicht mehr angehen, dass solche Produkte auf dem Etikett mit der Bezeichnung „natürlich“ angepriesen werden dürfen: die Räucherei sei heute nichts anderes als eine Form der industriellen Bearbeitung, das Produkt sei alles andere als „natürlich“ und wer es so bezeichnen wüde, der täusche seine Kundschaft. Basta.
Noch wehrt sich die Fleischerzunft und hält dagegen, eine Vearbeitung, die sich über Jahrtausende bewährt habe, könne nicht plötzlich in Verruf geraten… Wie der Handel ausgehen wird, ist ungewiss. Die Lebensmittelindustrie ist gewöhnlich gut und erfolgreich im Lobbyieren. Allenfalls springt wohl die Chemie gerne ein und liefert ein künstliches Räucher-Aroma.