25/2 30 Jahre danach
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:51 |
1985 sind wir uns zum ersten Mal begegnet. Es war Frühling in Salzburg und der internationale Kabarett-Preis „Salzburger Stier“ wurde zum vierten Mal verliehen. Einer der deutschen Preisträger hiess Ottfried Fischer, ein jüngerer, korpulenter (so sagte man damals) Mensch mit einer listig-pfiffigen, gewinnenden Ausstrahlung. Wir sahen uns in der Folge manche Jahre regelmässig wieder, da die „Bisherigen“ immer als Gäste geladen waren und da ich damals als Radiomann einer der verantwortlichen Veranstalter war.
Wir waren beide auf unsere Art „Schwergewichte“, nicht nur kilomässig, und schworen uns damals ewige Treue insofern, als wir uns gegenseitig gelobten, unser Gewicht zu halten und nicht abzunehmen… was man halt so sagt, wenn man jung ist und unbedacht. Trotzdem verloren wir uns mit der Zeit aus den Augen. Als ich Ottfried vor acht Jahren wieder einmal begegnet bin, habe ich ihn für unser Magazin interviewt. Er war inzwischen als „Bulle von Tölz“, als „Pater Braun“ und als Gastgeber in „Ottis Schlachthof“ eine gefragte Persönlichkeit im Fernsehen und auf der Bühne geworden.
Aus gesundheitlichen Gründen, sagte er mir damals, werde er wohl nicht darum herum kommen, gelegentlich daran zu denken, sein Gewicht zu reduzieren… wie er das machen würde, war uns beiden nicht ganz klar, denn auch ich hatte inzwischen wieder etwas zugelegt. Wie auch immer: wir hatten keinen Kontakt mehr bis gestern. Und auch der war reichlich einseitig.
Das ZDF brachte abends eine halbstündige Dokumentation mit dem Titel: „Ottfried Fischer – mein Freund Parkinson“. Der Kampf gegen die unheilbare Krankheit hatte sein Leben zu bestimmen begonnen. Die bisherigen TV-Serien wurden eingestellt, zu anstrengend waren die Drehbarbeiten und zu gross das Risiko, dass es im Rahmen einer Produktion zu einem gesundheitlichen Zwischenfall kommen könnte. Aber Fischer liess sich nicht unterkriegen. Das Filmteam begleitete ihn während eines Jahres und zeigte einen zwar erschöpften, aber von Tatendrang getriebenen Künstler, der sich in ein neues Projekt warf, eine eigene Bühnenshow, mit der er dem „Parkinson“ ein Schnippchen schlagen will… Zu seiner Krankheit hat er ein ambivalentes Verhältnis entwickelt. Einerseits ist er dankbar für die „Entschleunigung“, die sie ihm abnötigt, er kann sie als „Freund“ begreifen, der nun nicht mehr von seiner Seite weicht und der sein tägliches Handeln bestimmt, anderseits nimmt er ihn als herausfordernden Feind und Gegner wahr, mit dem er hadert und den er verflucht, wenn er ihn behindert…
Der Kampf des Mannes um seine künstlerische Autarkie, sein ungebrochener Wille, trotz körperlicher Belastung mit neuem Elan in die Zukunft zu gehen, nötigen Respekt und Bewunderung ab. Wir drücken dir die Daumen, Otti, bleib, wie du bist!