22/4  Sirup-Idee

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:22

Manchmal denkt man, es sei zum Mäusemelken. Da lese ich in unserem Amtsblatt, das jeweils am Mittwoch erscheint, einen begeisterten Bericht über das Erfolgsprojekt einer Schülergruppe, die im Rahmen eines Wettbewerbs mit einem privatwirtschaftlichen Modell auf der Kommerz-Erfolgsschiene ist.

Die jungen Leute produzieren – vorerst in bescheidenem Rahmen – verschiedene Sirups „nach Grossmutter-Rezept“: Holunderblüten, Pfefferminz, Zitrone. Ihr Produkt enthalte keinerlei Konservierungs- oder Farbstoffe, sagen sie voller Stolz, und das Unternehmen sei schon in er Gewinnzone, die süssen Säfte sind in verschiedenen Geschäften und online erhältlich.

Die Sache hat einen originellen Namen: „Zirüp“ – Zusammengesetzt aus Sirup und Zürich. Mit ihrer Idee haben es die Jungs im nationalen Wettbewerb Young Enterprise Switzerland (YES) von 170 Teilnehmenden Gruppen unter die ersten 50 gebracht.

Das ist ja alles gut und schön und den jungen Menschen ist das Erfolgserlebnis zu gönnen. Bloss… da laufen weltweit Bestrebungen, den überbordenden Zuckerkonsum, der sich zunehmend als Gesundheitsrisiko entpuppt, einzudämmen, die grossen Lebensmittelproduzenten überprüfen ihre Rezepturen, über die Vor- und Nachteile der Zucker-Austauschstoffe wird heftig diskutiert – und da brauen die jungen Entrepreneurs ihren Saft wie weiland Oma nach dem klassischen Rezept, das aus einer Zeit stammt, da noch Unschuld herrschte in diesen Fragen… 500 Gramm Zucker pro Liter Wasser ist das gängige Rezept für selbstgebrauten Sirup, darunter geht es nicht. Auch in ordnungsmässiger Verdünnung bleibt das Getränk eine Kalorienbombe.

Und wenn sich die Hersteller darüber freuen, dass ihr klassischer Zuckersaft bei seiner Kundschaft beliebt – weil so süss – sei und dass mit der aufkommenden warmen Jahreszeit nun das Durst-Geschäft winkt… dann könnte man böswilligerweise die YES-Jury fragen, ob es nicht ehrlicher gewesen wäre, grad ein kleines aber feines Drogenhandels-Projekt zu prämieren. Das hat sich nur keiner einzureichen getraut.