9/9  3-D-Schleckware

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:09

Dinge, die die Welt nicht braucht. Aber Hauptsache, es verkauft sich. Neuster Gag der Schleckwaren-Industrie: ein 3-D-Drucker, der verschiedenfarbige Fruchtgummis in beliebig wählbaren Formen ausdruckt, auf individuelle Bestellung im Warenhaus oder dort, wo sonst die Automten mit den Zuckerwaren stehen.

Jahrelang hat die Firma Katjes daran getüftelt, bis der richtige Drucker entwickelt war, bis die Fruchtzuckermasse die richtige Konsistenz hatte, damit das „Gedruckte“ seine Form behält und doch noch schmackhaft ist. Aber nun rühmt sich der Hersteller, als weltweit Erster eine solche Maschine auf den Markt gebracht zu haben und damit der kulinarischen Zukunft einen riesigen Schritt weiter entgegeen gekommen zu sein.

Welch berauschendes Verdienst! Als hätte es nicht schon genügend saure Zungen, farbige Drops, Lakritz-Schnecken, Gummibärchen und anderes Zuckerzeugs in den Regalen und an den Kiosken, mit denen die Kleinen so früh wie möglich ihre Insulinresistenz heranzüchten und die Speckfalten pflegen können…

Die neuen Drucker sollen die Kundschaft ermutigen, ihre eigenen Leckerein selber herzustellen. Das kommt mir vor wie die altehrwürdigen Schilder-Stanz-Maschinen, die es früher da und dort gab, ehe Mister Minit das Angebot flächendeckend übernahm: da warf man eine Münze ein und konnte dann mit einem Zeiger auf einen Buchstaben fahren, einen schweren Hebel nach unten drücken, dann zum nächsten Buchstaben vorrücken und wieder drücken… bis der Name oder das Wort, das man herstellen wollte, fertig war. Am Ende kam ein kleines Metallband heraus, in das der gewünschte Begriff eingestanzt war. Die Herstellung an sich war ein Abenteuer und blieb lange in Erinnerung, die jedes Mal wieder wach wurde, wenn man die metallene Etikette sah. Eine 3-D-Prägung von quasi bleibendem Wert.

Der 3-D-Fruchtgummi hat keinen Bestand, ist er weggeschleckt, bleiben höchstens noch Spätfolgen, an die man ohnehin nicht denken mag.




6/9  Big Sister CSS

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:25

Einst fand das Volkswohl noch in Aphorismen statt. Einer davon betraf das richtige Verhalten nach der Nahrungsaufnahme: Nach dem Essen sollst du ruhn, oder tausend Schritte tun, oder eine Pfeife rauchen, oder... – Bei der vierten Option wussten wir als Kinder lange nicht, wie genau das gemeint war.

Nun ist aber alles anders: wie wir heute im SonntagsBlick lesen können, plant die Krankenkasse CSS einen Pilotversuch zur Live-Erfassung des gesundheitsrelevanten Verkaltens ihrer Kunden mittels kleiner digitaler Meldegeräte, die regelmässig oder periodisch alle Körper-Daten, die sie erfassen, online und bigbrothermässig an einen Grossrechner melden.

Der ermittelt dann, ob die Werte noch dem „richtigen“ Verhalten entsprechen, oder ob da jemand auf der faulen Haut liegt und sich dadurch in ein Gesundheitsrisiko bringt – und die Kasse damit in ein unangenehmes Zahlungsrisiko im Krankheitsfall. Damit hätten wir den totalen Überwachungsstaat am Handgelenk. (Die Volkskontrolleure träumen bereits davon, man könnte dem Kunden schon früh einen Chip einpflanzen, der das Melden der Daten automatisch übernehmen würde.)

Und wenn du dich dann zu wenig bewegst und dich nicht gesund genug ernährst, bezahlst du mehr Prämie, weil du ja ein höheres Kostenrisiko darstellst. Aber das sei keine selektive Diskriminierung bestimmter Krankheitsbilder, bewahre! Nein, es ist eine Belohnung derer, die sich vorbildlich und „richtig“ verhalten, die nach dem Essen pflichtbewusst die 1’000 Schritte machen und nicht daran denken, der Ruhe zu pflegen oder des Tabakkonsums.

Und wenn sie körperlich gar nicht mehr in der Lage sind, eine längere Wegstrecke zurück zu legen? Dann sollen sie erst recht bezahlen, die Versager, wo kämen wir sonst hin, wenn die „Versicherung“ zu ihren eigenen Lasten das Risiko eines Dritten abdecken müsste?

Den gewieften Managern ist es sogar gelungen, diese Neuerung als einen bahnbrechenden  Akt der Solidarität zu begründen: mit einer solchermassen abgestuften Prämien-Lösung würden sich die Verursacher von nachweislich erhöhten Kosten „solidarisch“ zeigen mit ihren „gesunden“ Mit- , ja, was sind es denn nun eigentlich? Mit-Konkurrenten? Mit-Kassenzahlern?

Mit-Patienten sind es ja nicht, denn die andern müssen gesund leben und sein, sonst zahlen sie auch mehr!

Ich bin froh, gehöre ich einer anderen, bisher noch echt solidarischen Kasse an. Glaubweürdig wäre die CSS bloss, wenn sie massiv in die Verhältnisprävention investieren würde. Wenn sie sich dafür einsetzen würde, dass eine „gesunde“ Lebensweise erleichtert wird, in allen Bereichen des Alltags. Aber davon sind wir weit entfernt. Big $ister denkt nur an ihren Profit.




2/9  Alles auf Zucker!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:16

Das war der Titel eines Films von Dani Levy. Inzwischen hat die Formel eine ganz andere Bedeutung erlangt. Kaum ein Tag vergeht, an dem uns nicht neue Nachrichten erreichen über die gesundheitlichen Risiken eines zu hohen Zucker-Konsums. Nun hat auch TV-Kult-Koch Jamie Oliver ganz offiziell dem Zucker den Kampf angesagt, bzw. macht er sich stark für die Einführung einer Steuer auf zuckergesüssten Getränken – in England.

Einen „Kreuzzug“ nennt es der Guardian in seiner Vorschau auf eine TV-Dokumentation, die am 3. September auf dem britischen Channel 4 gesendet wird: darin zeigt Oliver die Auswirkungen von zuckerhaltiger Nahrung auf Kinder in aller Welt und plädiert für eine rigorose Aufklärung und für eine strikte Beschränkung des „unfreiwilligen“ Verzehrs von industriell hergestelltem Zucker.

Ich erinnere mich an frühe Appelle hierzulander, sich kalorienbewusst zu ernähren. Damals war vor allem von den „versteckten Fetten“ die Rede, die sich besonders in Wurstwaren verbargen und darauf lauerten, von nichtsahnenden Konsumenten verspeist zu werden, um diese dick zu machen… Inzwischen ist das Fett aus der Schusslinie gekommen. Es ist zum redlichen, wenn auch hochkalorigen Nahrungsmittel geworden, auf das der Körper in einer bestimmten Menge angewiesen ist, wenn er gut funktionieren soll.

Das sogenannte „amerikanische Paradox“, das darin bestand, dass die Menschen trotz nachweislichem Verzicht auf Fett weiterhin immer dicker wurden, ist inzwischen erkannt als ein Zucker-Problem: um die fettarmen Lebensmittel weiterhin schmackhaft zu halten, wurde und wird Zucker zugesetzt. So viel, dass der durchschnittliche Mensch heute bis zu 40 Stück Würfelzucker pro Tag zu sich nimmt, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Manches Produkt, das als „fettarm“ – und daher vermeintlich gesund – angepriesen wird, ist eine heimliche Zuckerbombe.

Eine der Hauptquellen für diesen „trojanischen“ Zucker-Konsum sind die Süssgetränke. Deshalb macht sich Jamie Oliver stark für eine Steuer, deren Ertrag für Aufklärung und Schulung der Jugend eingesetzt werden soll.




1/9  Iss dis Gmües…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:16

Eine uralte Aufforderung. So lautete auch mal der Titel einer Schallplatte (muss in den 70-er Jahren gewesen sein) von Franz Hohler. Aber je gesünder wir uns ernähren möchten, umso dringender wird der Wunsch, die verflixten Früchte und Gemüse in die Kinder hinein zu bringen, es muss ja nicht gleich von Anfang an fünfmal pro Tag sein…

Ja nach kindlichem Herkommen und Umfeld ist das eine schwierige Aufgabe, wenn die lieben Kleinen das Grünzeug konsequent verweigern, über den Tellerrand hinaus befördern oder gar zu Boden plumpsen lassen. Aber nun naht Hilfe. In Form von sieben kleinen, putzigen Plüschfiguren: Albert Aubergine, Babsi Banane, Berta Birne, Bruno Broccoli, Erika Erdbeere, Koni Knoblauch und Ruedi Rüebli.

Sie sind die „coolste Klasse der Schweiz“ und die Protagonisten in einer Werbeaktion des Lebensmittelhändlers Aldi Suisse. Sie hören auf den Namen Vitaminis und sollen den Kindern Früchte und Gemüse zu einem lustvollen Erlebnis werden lassen. Beim Einkauf gibt es Punkte, die man sammeln kann. Ist die Karte voll (was einem Wert von CHF 300 entspricht), kriegt man gratis ein Plüsch-Früchtchen und kann überdies an einer Verlosung teilnehmen.

Mir ist diese Aktion auf Anhieb sympathisch, nicht nur wegen ihres didaktischen Nebeneffekts, sondern weil sie irgendwie verspielter daherkommt als andere Sammel-Wettbewerbe „ohne Botschaft“, die schon zur „Manie“ geworden sind. Frucht- und Gemüse-Manie wäre mal wa Neues.