2/12  Geschmackssache(n)

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:33

Was haben wir damals über die Engländer gelächelt. Mitleidig und auch ein wenig nachsichtig hatten wir vor Jahren zur Kenntnis genommen, dass ein Versuch des TV-Starkochs Jamie Oliver, die Verpflegung in den Schulen „gesünder“ zu gestalten, daran gescheitert war, dass die Eltern ihren Sprösslingen jeweils durch den Gitterzaun des Pausenplatzes heimlich Nahrungs-Ersatz in Form von Hamburgern, Pizza, Pommes und anderem Fastfood zugesteckt hatten.

Und nun holt uns das Eltern-Phänomen auch hier ein, wie der Tages-Anzeiger heute berichtet: An einer Schule in Zollikon wurde ein neuer Caterer aufgrund seiner „vernünftigen“, alternativen und gesunden Menü-Angebote ausgewählt. Aber die Kids, die ihr vertrautes und gewohntes Food (Fischstäbli, Chicken Nuggets, Pommes und Spaghetti Bolo) vermissten, beklagten sich zuhause und die Eltern trugen den Protest umgehend in die Schule zurück, wo man sogleich über die Menüpläne ging.

Die dosierte Rückkehr zu einer effektiv „ausgewogenen“ Ernährung inklusive „Risiko-Speisen“ mag ein vernünftiger Kompromiss sein, der der Tatsache Rechnung trägt, dass sich Essensgewohnheiten nicht so leicht und vor allem nicht kurzzeitig radikal umpolen lassen, sondern dass vielmehr eine subtile, geschmackliche Infiltration mit mehr Abwechslsung angesagt ist, um die Schuljugend auf den Geschmack und vor allem auch auf neue Geschmäcker zu bringen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die breite Palette von Reaktionen und Kommentaren auf den TA-Beitrag, von heftiger Ablehnung bis zu vorbehaltloser Zustimmung, von längst überholten Ernährungsmythen bis zu verbissenen Plädoyers pro und contra Vegi-Verpflegung… es dürfte spannend werden, die Diskussion weiter zu verfolgen. Der Weg, den die Schule eingeschlagen hat, scheint mir im Blick auf die nach wie vor beängstigende Situation bei der Anzahl von Kindern mit Übergewicht und Adipositas der richtige zu sein.

Wenig halte ich in diesem Zusammenhang von einer speziellen Logo-Kennzeichnung von Lebensmitteln und Menüs mit hohem Salzgehalt: hier sollte eine angemessene Deklaration auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Standard-Label durchaus genügen. Wer sich informieren will, findet die Werte. Entscheidend ist, dass eine gesundheitsbewusste Gastronomie von sich aus auf eine Überdosis an Salz verzichtet, denn nachwürzen kann man jederzeit. Umgekehrt geht nicht.