3/1 Voll geräuchert
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:22 |
Dinge gibt es, die braucht es nicht wirklich. Da lese ich im sonntäglichen Blatt auf der kulinarischen Seite einen Bericht über ein Tool, von dem ich noch nie gehört habe: eine Räucherpistole.
Was eine Räuberpistole ist, das hat man mir beigebracht… aber dieses Ding dient dazu, beim Kochen gewissen Speisen einen feinen Rauch-Geschmack zu verpassen. Nach der Beschreibung zu schliessen muss es sich um eine Kombination aus Haartrockner und Mikrotoaster handeln, wobei offenbar Sägespäne aus Holz angeheizt werden, so dass Rauch entströmt, der auf die Speisen geblasen werden kann. Etwa 130 starke Franken soll das Ding kosten.
Dass eine Wurst aus dem Rauchfang lecker schmeckt, wissen wir. Auch die Speckseite über dem offenen Kamin hat sich über Jahrhunderte als Konservierungsform bewährt, nicht zu sprechen vom delikaten Lachs aus der kunstreichen Räucherei… Aber ein mit Räucherarome versetzter „Butterschaum“?! Wer will denn sowas?
Offensichtlich sind wir privilegiert. Denn wir haben den integralen Räuchergeschmack quasi frei Haus bekommen, als kollaterales Nebenprodukt unseres improvisierten Christbaumbrandes am vorletzten Tag des alten Jahres. Noch einmal wollten wir der kleinen Enkelin, die auf Besuch weilte, eine Freude machen und die vier Kerzen auf dem kleinen Bäumchen anzünden. Und dazu noch einige Wunderkerzen. Die Funken stoben und knisterten. Bald knisterte auch ein Zweiglein. Aber dummerweise erlosch es nicht wieder, wie wir das von früeren Baum-Erfahrungen gewohnt waren, sondern nach wenigen Sekunden stand schon die Hälfte der kleinen Nordmanntanne in Flammen.
Der Versuch, den auflodernden Heimbrand mit einer Decke im Keim zu ersticken, schlug fehl: die Flammen züngelten seitlich weiter hoch, ergriffen das Tuch, breiteten sich aus, schlugen auch unter weiteren Tüchern hervor und loderten gegen das Fensterglas zum Balkon, hinauf an die Zimmerdecke, dunkle Rauchschwaden ballten sich im Raum und füllten nach kurzer Zeit die obere Hälfte des Wohnzimmers und der angrenzenden Räumichkeiten aus.
Irgendwie ist es uns gelungen (die Abläufe lassen sich nicht mehr im Detail rekonstruieren), das brennende Tännchen samt den Decken auf den Balkon zu werfen und mit Wasser zu begiessen und das Kind, das die züngelnden Flammen mit weit geöffneten Augen gebannt betrachtet hatte, an die frische Luft vor der Wohnungstür zu evakuieren… Aber seitdem sind wir im permanenten Genuss von Räucher-Aromen in allen erdenklichen Formen und Varianten, als wohnten wir neuerdings in der russgeschwärzten Küche eines Tessiner Grottos, weit hinten im Valle Maggia.
Nächste Woche kommt eine Putzequipe von der Versicherung: Fachleute müssen die schwarzen Ablagerungen, die sich wie Pattina über sämtliche Haushaltgegenstände in allen Zimmern gelegt haben, entfernen. Eine Räucherpistole brauchen wir nicht.
oh, Gott, was für ein Schreck sogar beim nur lesen. Wünsche Ihnen von allem das Beste zum Beheben des Schadens, dem Verarbeiten des Schrecks und für das „brandneue“ Jahr 2016 alles Gute.
B. R.