8/1 Amerika muss neu essen lernen
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:46 |
Gestern wurden in USA die „Dietary Guidelines 2015-2020“ publiziert. Also die nationale Ernährungspolitik mit Empfehlungen zum Essverhalten der Amerikaner. Die neuen Richtlinien waren von interessierten Kreisen mit Spannung erwartet worden. Sie sind – das war nicht anders zu erwarten – im Endeffekt das Produkt von zahlreichen Kompromissen im Widerstreit der Interessen zwischen einer gesundheitsbewussten staatlichen Autorität und einer auf Profit ausgerichteten Lebensmittelindustrie und mächtiger Lobbyorganisationen.
Entsprechend kritisch wird das Resultat beurteilt. Erstmals wird zwar in den neuen Richtlinien explizit empfohlen, die KonsumentInnen sollten ihren Verzehr an „zugefügtem Zucker“, an Transfetten, an Salz einschränken und sich generell ausgewogener verpflegen… Aber das geht besorgten Ernährungswissenschaftlern wie etwa Marion Nestle zu wenig weit bzw. ist zu unpräzise und zu verallgemeinernd, wenn nicht gar zu schönfärberisch.
Statt Ross und Reiter zu benennen würden die verschiedenen Faktoren, welche die Gesundheit beeinträchtigen und namentlich zur Adipositas-Epidemie beitragen, nur indirekt angesprochen. Mit „zugefügtem Zucker“ wären eigentlich die Süssgetränke gemeint, deren Konsum massiv eingeschränkt werden müsste, hinter den „Transfetten“ würde sich vor allem das Fleisch verbergen, von dem deutlich weniger konsumiert werden sollte, und beim Hinweis auf den zu hohen Salzverbrauch gehe es vor allem um die weit verbreitete Fast-Food-Kultur… – Insgesamt – so Nestle – zeigten die neuen Richtlinien, dass sich die Food-Lobby gegenüber dem Gesetzgeber erfolgreich durchgesetzt habe.
Für die Obesity Action Coalition OAC – das US-Pendant zu unserer Stiftung – ist es wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung, wie sie, unter Verweis auf einen Hintergrunds-Bericht der New York Times, feststellt. Wer pragmatisch denkt, kann sich dieser Betrachtungsweise anschliessen. Eine vertiefte Analyse der Vorgaben lohnt sich.