22/8  Erfolg ist relativ

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:17

Erfolgreich Gewicht verlieren. Was heisst das? Hat mehr Erfolg, wer in kurzer Zeit viel abgenommen hat? Oder ist es erfolgversprechender, in kleinen Schritten das Gewicht über längere Zeit zu reduzieren?

Die amerikanische ObesitySociety ist in ihrem monatlichen Informationsmagazin dieser Frage nachgegangen, anhand einer Studie, welche die TeilnehmerInnen der TV-Serie „Biggest Loser“ über längere Zeit beobachtet hat. Die Ergebnisse sind einleuchtend und tröstlich.

Wer im Rahmen eines solchen Sendekonzeptes massiv Gewicht verliert, hat Mühe, dieses später in seinem Alltag weiterhin zu halten, denn während der Dauer der Sendung ist man nicht nur unter dem Druck öffentlicher Beobachtung und eines gnadenlosen Wettbewerbs, man hat zudem auch quasi rund um die Uhr eine fachliche Begleitung bezüglich Ernährung, Bewegung und psychologischer Unterstützung. Fallen all diese Hilfen nach dem Ende der Serie weg, ist die Gefahr eines Rückfalls schon vorprogrammiert.

So verwundert es nicht, dass die „grössten Verlierer“, die während jeweils 30 Wochen im Durchschnitt 58,3 Kilo abgenommen haben, nach 6 Jahren rund 70 % davon wieder zugenommen haben. Trotzdem sind alle am Ende dieser Zeit rund 12 % leichter als vor dem Experiment. Dies wiederum ist kein Scheitern, sondern als Erfolg zu buchen. Denn auch eine massvolle Reduktion von 5, 10 oder 15 % des Ausgangsgewichts bei Adipositas kann einen sehr positiven Effekt auf allfällige Begleiterkrankungen haben.

Diese Erkenntnis wiederum sollte Ärzte und alle, die therapeutisch mit Adipösen befasst sind, motivieren, auch moderate Gewichtsreduktionen zu akzeptieren und als positiv zu werten und den PatientInnen  genügend Zeit einzuräumen, ohne der Illusion zu verfallen, „möglichst viel und möglichst rasch“ sei besser.

Wie genau die metabolischen Mechanismen bei einer erneuten Gewichtszunahme funktionieren, darüber hat die Wissenschaft noch zu wenig fundierte Fakten und Einsichten. Hier ist noch hoher Forschungsbedarf, um den Betroffenen Hoffnung machen zu können. Eines aber ist gewiss und soll auch anerkannt werden: wenn das Gewicht nach einem massiven Verlust „wieder zurückkommt“, bedeutet das nicht, dass der Betroffene versagt oder Schwäche gezeigt hat… es ist vielmehr die natürliche Reaktion des Organismus‘ auf eine ausserordentliche, ja extreme Situation. Mit „Schuld“ hat es gar nichts zu tun.