24/8  Extrem TV

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:03

„Extrem schwer – mein Weg in ein neues Leben“. So heisst eine TV-Dok-Reihe auf RTL2, deren zweite Staffel gestern angelaufen ist. Ein sperriges Unterfangen: jede der vier Sendungen, jeweils Dienstagabend um 22.15 Uhr, dauert geschlagene zwei Stunden, wenn auch durch Werbung unterbrochen.

Den Auftakt machte der Beitrag über den 25jährigen Rettungshelfer Burak G., der mit einem Ausgangsgewicht von 199 Kilo verzweifelt nach einer Überlebenshilfe sucht, denn er weiss genug über die gesundheitlichen Risiken seines massiven Übergewichts, als dass er abschätzen kann, dass er nicht alt wird, wenn es so weitergeht. Zuweilen denkt er sogar daran, seinem kaum erträglichen Dasein selber ein Ende zu bereiten…

Über einen Zeitraum 3o0 Tagen wird er von RTL2-Kameras und dem „Livecoach“ Felix Klemme begleitet. Dieser treibt ihn zu körperlicher Leistung an, vermittelt ihm Kenntnisse für die richtige Ernährung (praktisch ohne Kohlernhydrate, nur mit viel Gemüse und Fleisch, alles möglichst naturbelassen, keine Fertigprodukte!) und unterstützt ihn mental, wenn wieder der Absturz in alte Verhaltensmuster droht.

Alle 100 Tage wird gewogen und Bilanz gezogen, werden neue Ziele vereinbart, Erfolge gefeiert und belohnt, Rückschläge analysiert… Ein persönlicher Bewegungscoach überwacht das tägliche Ertüchtigungsprogramm.

Solchedrart „eng geführt“ gelingt es dem jungen Mann, die gesteckten Ziele zu erreichen. In den ersten 100 Tagen nimmt er 40 Kilo ab, in den zweiten schafft er 22, im Schlussspurt nochmals 18… insgesamt 80 Kilo ist er losgeworden dadurch, dass er frühere Essgewohnheiten (praktisch ausschliesslich FastFood) über Bord geworfen und sich konsequent einem täglichen Konditionstraining unterzogen hat. Am Schluss ist er ein „neuer Mensch“, kaum wiederzuerkennen, wie er, adrett gekleidet, unter dem Jubel seiner ganzen Familie zum letzten Mal auf die Waage steigt und sich mit seinem ursprünglichen Konterfei konfrontiert sieht. „Unter hundert“ möchte er noch aus eigenem Antrieb kommen…

Also ist massive Gewichtsreduktion doch „machbar“? Alles bloss eine Frage des „richtigen“ Verhaltens und eines eisernen Durchhaltesillens? Kann „extrem schwer“ eine Anleitung für alle Adipositas-PatientInnen sein? – So grossartig sich dieser Erfolg auf der Waage und im persönlichen Gesundheits-Check auch ausnimmt: man darf sich nicht täuschen lassen. Das Sendekonzept bietet ausserordentlichem Rahmenbedingungen, einerseits durch den (nicht zu unterschätzenden) öffentlichen Druck des Mediums, sodann durch das permanente und raffinierte, „doppelte“ Coaching… und vor allem: durch das Alter der ProtagonistInnen! Ramona, die in einer der kommenden Ausgaben porträtiert wird, ist mit 32 Jahren und 136 Kilo die älteste Teilnerhmerin. Steffi (auch 136 Kilo) ist 27 und Melissa (181 Kilo) ist gerade mal 20 Jahre alt. In dieser Altersklasse ist man körperlich noch wesentlich „fitter“ als in späteren Lebensabschnitten, auch haben sich Verhaltensmuster noch nicht so nachhaltig eingeprägt, dass sie sich nicht mehr ändern liessen…

Interessant ist die Reihe aber allemal, auch mit den begleitend publizierten Rezepten für Kohlenhydrat-arme Menüs (Felix Klemme bringt nächstens auch ein Buch heraus mit dem Titel „Natürlich essen“) und ich hatte beim Zuschauen erstmals das Gefühl, dass in einer solchen Sendung „achtsam“ mit den gezeigten Menschen umgegangen wird, dass sie mit ihren Nöten ernst genommen werden, so dass Verständnis und Empathie entstehen können. Und das wäre ein grosses Verdienst, das Anerkennung verdient. – Mehr Informationen zur Sendereihe gibt es hier.