5/1 Zuckerlose Verwirrung
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:39 |
Eine Studie, die zu Diskussionen Anlass geben wird. Da hatten wir uns auf einen gewissen Konsens geeinigt, dass „künstlich gesüsste“ Getränke auf jeden Fall besser seien als die herkömmlichen Zuckerbrausen, wenn jemand auf die Menge der konsumierten Kalorien achten wolle/müsse. Und die Limonadefabrikanten argumentierten bei jeder Kontroverse mit dem Faktum, dass sie ja zu allen ihren Produkte auch mindestens eine „ungezuckerte“ Alternative anböten, mit Zuckerersatzstoffen gesüsst und kalorienfrei.
Seit in Ländern wie Frankreich und Grossbritannien eine Zuckersteuer eingeführt wurde, haben die „künstlich gesüssten“ Getränke an Bedeutung gewonnen; weltweit machen sie schon 25 Prozent des gesamten Getränke-Umsatzes aus. Trotzdem sind die mit Zucker gesüssten Brausen weiterhin beliebt: Teenager in England nehmen einen Drittel ihres täglichen Zuckerkonsums in flüssiger Form zu sich! Also müssten die „künstlich gesüssten“ Getränke ein valabler Ersatz sein, nachdem die Weltgesundheitsorganisation unlängst und dringend empfohlen hat, nicht mehr als 10 % des täglichen Energiebedarfs durch Zucker zu befriedigen.
Und nun kommt eine Gruppe von Forschern mit einer Studie, die unsere bisherigen Annahmen klar in Frage stellt. Die „künstlich gesüssten“ Getränke würden nicht nur nichts beitragen zu einer Gewichtsreduktion, sie könnten darüber hinaus sogar aktiv beteiligt sein an der Ausbildung von Übergewicht und Diabetes! Zwar ist ein direkter Zusammenhang zwischen Süssstoffen und Adipositas nach wie vor nicht wissenschaftlich nachgewiesen, aber Indizien für indirekte Zusammenhänge verstärken sich der Studie zufolge: die Süssstoffe beeinflussen die Geschmacksrezeptoren für Süsses und veranlassen sie, bei anderen Speisen die stärker gezuckerten Varianten zu bevorzugen; zudem verleite das Wissen darum, dass man „kalorienreduzierte“ Getränke zu sich genommen habe, dazu, unbewusst beim Essen mit einer grösseren Menge zu „kompensieren“ (ein Effekt, der allgemein ja auch für kalorienreduzierte „Light“-Lebensmittel nachgewiesen ist).
Die Zucker- und Getränkeindustrie ist über diese neuen Forschungserkenntnisse verständlicherweise nicht erfreut. Es fehlt denn auch nicht an kritischen Vorbehalten gegenüber der Redlichkeit dieser Interpretation: in einer Zeit, wo man die Bevölkerung allgemein dazu anhalte, ihren Kalorien-Konsum zu reduzieren, sei es nicht hilfreich, ausgerechnet jene Getränke zu verteufeln, die weniger Kalorien enthielten… Dies führe nur zu Verunsicherung.
Muss man hier noch anmerken, dass gutes Trinkwasser, direkt aus der Leitung oder aus der gesunden Mineralwasserflasche, nach wie vor der optimale Durstlöscher ist, so lange wir das Glück haben, in genügender Menge darüber verfügen zu können?