13/3 Kommt die Ampel doch?
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:54 |
Bei Rot sahen sie lange rot. Die Lebensmittelindustrie kämpfte während Jahren mit allen Tricks und Kniffen gegen eine wirklich transparente Nährwert-Deklaration. Und wenn eine gesundheitsbedachte Regierung entsprechende gesetzliche Weisungen erlassen wollte, war man flink zur Hand mit einem „freiwilligen“ Code, der nach Information aussah, zum teil aber die heiklen Fakten lediglich pfiffig kaschierte.
Und nun lesen wir doch allen Ernstes, dass die marktbeherrschenden Produzenten erwägen, aus eigenem Antrieb eine „Ampel“ einzuführen: Grün-Gelb-Rot als Indikatoren für Gesundheitsverträglichkeit der Ernährung, kombiniert mit einem zahlenmässigen Faktum: wie hoch ist der Anteil des jeweiligen Nährstoffes, gemessen am durchschnittlichen Tagesbedarf eines erwachsenen Menschen?
Aber da die Leute Schlaumeier sind, definieren Sie diese Werte nicht bezogen auf eine einheitliche Referenzgrösse etwam von 100 Gramm, oder bezogen auf den gesamten Inhalt einer Packung (was auch eine spannende Kennzahl wäre, denn meist bleiben die KonsumentInnen ja doch dran, bis die Schachtel oder der Sack leer geknabbert und die Flasche ausgetrunken ist).
Zudem ist aus der verfügbaren Information (noch?) nicht ersichtlich, auf welche Referenzwerte sich die Einstufungen beziehen, wo die Grenze zur „problematischen“ Menge überschritten wird? Da das System auf Freiwilligkeit beruht, gibt es keine übergeordneten Kriterien, jeder Anbieter kann selber „seine“ Portionengrösse bestimmen, so unrealistisch diese in der Praxis auch sein mag (wenn etwa bei Frühstücks-Cerealien von 30 Gramm ausgegangen wird). Die Portionengrösse war und ist seit der prophylaktischen Einführung des GDA-Systems (der Empfehlung für den täglichen Verbrauch), mit dem die Food-Produzenten das in England lancierte Ampel-System auszutricksen versuchten, umstritten, da sie gezielt so klein angesetzt wird, dass die effektiven Inhalte unterhalb der Risiko-Schwelle bleiben.
Nun schlägt dieser unverhofften Perspektive auf eine spontane „Ampel“ nicht durchwegs Begeisterung entgegen. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE formuliert vorsichtige Vorbehalte: mit der dreifarbigen Ettikettierung allein ist einer rundum gesunden, ausgewogenen Ernährung nicht beizukommen. Selbstverständlich nicht. Aber das ist für mich wie mit den Verkehrszeichen und -signalen allgemein: Es mögen noch so viele davon am Strassenrand aufgestellt sein, sie allein garantieren noch keine absolute Sicherheit. Aber sie sind Warn-Hinweise, die beim Automobilisten eine bewusste, vernünftige und richtige Reaktion auslösen sollen, können, im besten Fall. Aber sie hindern ihn nicht daran, allenfalls doch einen Unfall zu bauen… Vor den Folgen schützt erst der Airbag.
Aus Adipositas-Sicht begrüssen wir diese neue Ampel-Perspektive. Sie sollte nur nicht „freiwillig“ (und damit unkontrolliert) bleiben. Jetzt müssten die verantwortlichen Organe rasch nachfassen und das Projekt offizialisieren. Vollgrün!