26/7 Julie und das Chocolarium
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:19 |
Kitschiger geht es wohl nicht. Das dachten wir, als vor einigen Jahren der Film „Charlie und die Schokoladefabrik“ in die Kinos kam. Kunterbunte Süssigkeiten quollen über die Leinwand und eine turbulente Story involvierte eine entfesselte Kinderschar, die ein veritables Bad in jeder erdenklichen Form von Schokolade-Produkten nahm…
Bis zum letzten Sonntag. Da besuchten wir mit unserer Enkelin das Schoko-Museum „Chocolarium“ in Flawil, das vor wenigen Monaten eröffnet wurde: attraktiver Anziehungspunkt und geniales Marketing-Instrument der Firma Maestrani. „Wie das Glück in die Schokolade kommt“ lautet das Leitmotiv der Präsentation, und diese ist selber so aufgemacht, als wäre sie ein Kinofilm: durch einen nachgebauten Kino-Eingang im American-Style geht es zunächst in einen Projektionsraum, wo man auf Sitzpolstern Platz nimmt, die aussehen wir überdimensionierte, glänzend braune Schokolade-Täfelchen. Ein kurzer Dokumentarfilm rekapituliert die Firmengeschichte, dann geht es auf einen Rundgang, in stetem Wechsel zwischen interaktiven Präsentationen in bester didaktischer Aufmachung, für Kinder und Erwachsene, und verglasten Wandelgängen, aus denen man hinunter blicken kann in die Produktionshallen der Fabrik mit ihren industriellen Fertigungsanlagen, während oben auf Bildschirmen in animierten Grafiken die einzelnen Arbeitsschritte im jeweiligen Bereich gezeigt und erläutert werden.
Den absoluten Schlaraffen-Traum verkörpern auf diesem Rundgang unter der Hallendecke die kleinen Automaten-Boxen, die aussehen wie schmale „einarmige Banditen“ – auch sie über das Glücksspiel mit Bezug zum „Glück“ – aber sie kassieren nichts ein, sie spucken aus: zieht man kurz am seitlich angebrachten Hebel, purzeln unten in die Schale, in der sonst die gewonnen Münzen klingeln, frisch gebrochene Schokolade-Stückchen… für jede Tafel-Sorte gibt es einen eigenen „Automaten“, bei dem man sich im Vorübergehen bedienen kann – so oft man mag.
Dann kommt die Abteilung, in der man seine eigene Schokoladetafel „kreieren“ kann: wer ein entsprechendes Ticket gelöst hat, bekommt eine kleine Plastic-Wanne mit flüssiger Schokolade; darauf kann man dann aus einer Fülle von süssen, fruchtigen oder nussigen Zutaten ein eigenes Muster nach Belieben streuen… das so verzierte Gebilde wird in einen Kühlturm eingeführt, wo das weiche Schoko-Bett erstarrt und sich mit der persönlichen Verzierung verbindet, zu einem leckeren Unikat.
Den Abschluss des Rundgangs bildet ein opulenter „Shop“ in Form eines Selbstbedienungsladens, wo man von sämtlichen Produkten, die in der Fabrik hergestellt werden, engros einkaufen kann. Und auch hier wird der Kunde fachgerecht verführt, indem bei jedem Regal und bei jedem Angebot eine Schale angebracht ist, aus der man das betreffende Produkt nach Lust und Laune degustieren kann.
Unsere Enkelin fühlte sich im Paradies. Und nicht nur sie. An den ersten drei Automaten war ich noch asketisch und konsumfrei vorbeigekommen, mit dem festen Vorsatz, mir trotz der Versuchung nichts zuschulden kommen zu lassen. Aber dann waren da die drei Brunnen mit der flüssigen Schokolade, weiss, braun und dunkel, die mit einem Plastik-Löffelchen aufgefangen werden konnte. Nur ein einziges Mal davon naschen… – Aber es war, als hätte dieses einzige Mal sämtliche guten Vorsätze weggesprengt: Von da an kam ich an keinem der folgenden Automaten ungeschoren vorbei…
Ein Besuch in Flawil ist auch dann empfehlenswert, wenn man nicht auf Süsses verzichten sollte. Denn wo sonst kriegt man für so wenig Geld so viel Glück?