19/9 Zugepflastert
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 18:41 |
In meiner Jugend war das „Zugpflaster“ aus Männedorf ein Wundermittel. Es vermochte, als pechdunkle Paste auf die Haut aufgetragen und mit einem dicken Verband abgedeckt, praktisch alle schlimmen Erscheinungen gewissermassen aus dem Leib zu saugen: Eiterige Wunden, Abszesse, Verstauchungen, Entzündungen… Wo ist es hingekommen? Wer kennt es noch?
Jetzt lese ich von einem neuen wundersamen „Pflaster“. Es soll schlank machen, indem es weisse Fettzellen zu braunen umprogrammiert. Braunes Körperfett hat die gute Eigenschaft, überflüssige Energie nicht zu speichern sondern in Wärme umzuwandeln. Menschen mit einem hohen Anteil davon bleiben ihr Leben lang dünn, was immer sie auch essen mögen. Babies und kleine Lebewesen haben viel davon, weil sie ihre Körper immer schön warm halten müssen. Aber mit dem Grösserwerden verwächst sich das bei den meisten Menschen.
Nun wird ein Pflaster entwickelt, das weisses Fett „zurückverwandeln“ soll. An Mäusen wurde es erfolgreich getestet. Aber ob das auch beim Menschen klappt? Der Wirkstoff dringt aus dem Pflaster durch die Haut in das darunter liegende Gewebe. Riskant für Adipositas-Patienten ist jedoch das „viszerale“ Fett, das sich tief im Inneren unserer Bauchhöhle um die Organe klammert, die Zwischenräume ausfüllt und die pralle Wanst-Trommel macht. Kann ein Pflaster bis da hinein wirken?
Die Zeitung, die das heute publiziert hat, machte eine kleine Umfrage. Die Resultate sind interesssant: 60% der Antwortenden finden eine solche Lösung „toll“ und würden das Pflaster ausprobieren; 21% hätten Angst vor unerwünschten Nebenwirkungen, 10% meinen, sportliche Betätigung wäre besser und 5% wollen lieber schauen, dass sie gar nie dick werden…
Noch ist es nicht so weit, noch wird geforscht. Besser wäre allemal, durch eine „vernünftige“ Lebensweise und durch die Schaffung eines wenig belastenden Umfeldes dafür zu sorgen, dass weniger Leute zuviel Gewicht zulegen. – Aber dann kommen Nestlé und die Post und versprechen, mir eine Tafel Schokolade in den Briefkasten zu legen, wenn ich das „bitte keine werbung“-Schildchen abmontiere.