4/11  Ein Todesfall

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:23

Fabian lebt nicht mehr. Sein Tod ist tragisch, war aber – leider – absehbar. „Der Junge, der sich zu Tode ass“ lautete heute der Titel eines Berichts im Tages-Anzeiger. Fabian wurde 17 Jahre alt und wog zuletzt 280 Kilo. Als pummeliges Kind wurde er schon im Kindergarten ausgegrenzt. Er fand Trost beim Essen, bis er eine richtige Fresssucht entwickelte, von der er nicht mehr loskam. Es folgte eine unglaubliche Irrfahrt durch Institutionen, Kliniken, Heime, unter Aufbietung aller denkbaren Hilfe von Experten und Betreuerinnen, Verbeiständung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten… Jeder, der mit dem Jungen befasst war, wollte im Grunde nur dessen Bestes, aber eine Verkettung von verhängnisvollen Umständen und Faktoren trug dazu bei, dass keiner der Therapie-Versuche erfolgreich war, dass ein Rückfall nach dem andern das Gewicht des Buben weiter in die Höhe trieb und dieser schliesslich jede Motivation verlor, sich auf eine Behandlung einzulassen. Endstation war ein Alters- und Pflegeheim, nachdem auch das Angebot einer Magen-OP verweigert worden war.

Wir wurden mit dem „Fall“ vor einigen Monaten konfrontiert, als seine damaligen Sozial-Betreuer sich an die SAPS wandten, auf der Suche nach einer Institution, welche den jungen Patienten stationär aufnehmen könnte. Leider gibt es in der Schweiz keine solche Klinik, und ein früherer Aufenthalt in Deutschland musste abgebrochen werden, obwohl er erfolgversprechend gewesen war. Auch wir wussten keinen Rat. Da der Junge sich gegen jede ärztliche Behandlung sträubte und auch unter „Bewachung“ sich immer wieder Zugang zu Fastfood verschaffen konnte, war die Katastrophe nicht aufzuhalten.

Es ist müssig, darüber zu spekulieren, ob dieser tragische Ausgang sich hätte vermeiden lassen. Am Anfang – und das ist das Traurigste daran – standen wohl die unbedachten und verletzenden Hänseleien und Ausgrenzungen durch die Schulkameraden, die Fabian in seine Isolation trieben, so dass er sich in seine Fresssucht rettete, die ihn schliesslich selber verschlang… Der Fall zeigt auch, wie eingeschränkt die Möglichkeiten einer Behandlung sind, wenn der Patient und sein Umfeld nicht motiviert sind, zum Gelingen beizutragen, denn gegen seinen Willen kann man niemanden zum Abnehmen zwingen.

Wir trauern um einen jungen Menschen, der zum Opfer aussergewöhnlicher Umstände wurde, aus denen er keinen Ausweg mehr gefunden hat. Kann sein Schicksal etwas bewirken? Es sollte ein Fanal sein gegen jede Form von Diskriminierung!