4/1  Gewichtstabelle

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:19

Es ist ein alljährliches Ritual. In den ersten Tagen eines neuen Jahres erstelle ich mir am PC eine Gewichtstabelle. 14 Kolonnen senkrecht, 32 waagrecht, für jeden Tag des Jahres ein Feld, in das ich dann fein säuberlich jeden Morgen mein aktuelles Gewicht eintrage. Die tägliche Kontrolle entscheidet über Erfolg oder Misserfolg meiner Gewichtsreduktion. Aber ich habe die fatale Neigung, mich selber immer wieder etwa auszutricksen.

Habe ich mal die Ernährungsdisziplin missachtet, zu viel oder das Falsche mit Genuss genossen, würde sich das am nächsten Morgen sofort auf der Waage manifestieren. Daher gibt es Tage, an denen mache ich einen grossen Bogen um das Messgerät, das mit seiner sauberen Glasfläche so einladend neben meinem Bürotisch steht. Das entsprechende Feld bleibt leer, in der Hoffnung, dass am folgenden Tag dann der Fauxpas ausgebügelt ist.

Im Verlauf des letzten Jahres hatte ich begonnen, mein Essen und das Tagesgewicht in der App FatSecret zu registrieren. Dort werden die Gewichtsangaben in Relation zu einem angestrebten Zielgewicht gesetzt, mit einer grafischen Kurve abgebildet und die Fortschritte bzw. das Versagen augenfällig in einer aktuellen Zwischenbilanz ausgewiesen.

Dieses System lässt sich nicht überlisten. Verzichte ich auf die Aktualisierung der Daten, so bekomme ich nach wenigen Tagen ein Mail, in dem ich dringend gemahnt werde, meine Chronistenpflicht nicht zu vernachlässigen. Man kontrolliert mich also irgendwo oben, in der Wolke, wo offenbar die Daten der über 30 Millionen User, die mit diesem System arbeiten, laufend verfolgt und ausgewertet werden.

Deshalb bin ich zu meinem Papierblatt zurückgekommen. Es hängt an der Schrank-Innenseite neben meinem Bett. Und ausser mir kontrolliert da keiner den Erfolg oder Misserfolg meiner Wägerei. Ich habe mir deshalb vorgenommen, in diesem Jahr konsequent auch die unbequemen Fakten zu protokollieren.

Wetten werden entgegengenommen, wie lange das anhält.