26/3  Aus die Maus…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:02

Es war als Schock gemeint. Wie so oft, wenn die Sonntagspresse tief in die Tasten greift und ein kleines Teilphänomen zum vermeintlichen Scoop aufplustert: so diesmal mit der Aussage, es gäbe gar keine „gesunden Dicken“. (Der Artikel in der SonntagsZeitung ist online kostenpflichtig, aber seine wissenschaftliche Quelle ist es nicht.)

Lange haben die sogenannten „gesunden Dicken“, die zwar übergewichtig sind, aber (noch) nicht alle Symptome des metabolischen Syndroms aufweisen, den Gesundheitsexperten am rechten Politrand dazu gedient, jede Massnahme zur Adipositas-Prävention zu bekämpfen und den Handlungsbedarf zu leugnen, indem die Stimmen der Warner als hysterischer Hype abgetan wurden. Ich erinnere mich an einen höhnischen Artikel in der Blocherschen Wochenpostille mit dem Blauen Titel, in dem mit den besorgten Ärzten zynisch abgerechnet wurde – auf dem Buckel der Betroffenen.

Dann belegten flächendeckende Analysen, dass die gesundheitlichen Vorteile von „etwas mehr Pfunden auf den Rippen“ eben doch nur vermeintlich vorhanden waren, weitgehend bedingt durch die besondere Anlage der jeweiligen Studien und durch die Zusammensetzung des Probandengutes.

Denn diese Studien hatten ausser Acht gelassen, dass Adipositas ein extrem komplexer Befund ist und die Krankheit nach ganz individuellen Kriterien verläuft, sich daher nicht über einen Kamm scheren lässt, und dass dabei gewisse Begleiterkrankungen auch erst später noch auftreten können, dass sie aber, im Blick auf die gesamte Lebensdauer, letztlich unausweichlich sind und dass jedes überflüssige Kilo die Lebenserwartung verkürzen kann.

Nun fehlt den Eigenverantwortungs-Propheten und wackeren Kämpfern gegen jede Art von präventiver Regulierung plötzlich ein gewichtiges Argument. Ich bin ja gespannt, was sie als nächstes ersatzweise aus der Rumpelkammer ihrer Vorurteile holen werden…