5/6  231 : 1

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:21

Eine Formel, die mir heute eingefahren ist. Eingeladen zu einer Tagung hatte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV und präsentiert wurde der Aktionsplan zur Umsetzung der Schweizer Ernährungsstrategie 2017-2024.

Eingeleitet wurde die Veranstaltung durch eine Reihe von Kurzreferaten aus einzelnen der Anwender-Bereiche, die vertreten waren. Ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch mehrere Vorträge zog, war die Frage nach der Wirkung von Massnahmen zur „Verbesserung“ von Lebensmitteln, die zuviel Salz, Fett und vor allem Zucker enthalten.

Hier setzen unsere Verantwortlichen – angesichts der aktuellen politischen Machtverhältnisse im Parlament – voll auf „Freiwilligkeit“ der Anbieter und werden dabei nicht müde, erste Erfolge bei der Reduktion etwa des Zuckergehalts in Frühstücksflocken und in (einzelnen) Joghurts zu verkünden.

Das hakte die Vertreterin der Konsumenten-Organisation aus der italienischen Schweiz ein und zeigte an einer simplen Rechnung die durchschlagende „Wirkung“ dieser freiwilligen Massnahme auf: Wenn jemand täglich ein Joghurt isst, und dabei konsequent jenes Produkt wählt, das den geringsten, vom Hersteller freiwillig reduzierten Zuckergehalt aufweist, so „erspart“ er sich dadurch in einer Woche EIN ganzes Stück Würfelzucker.

Die Zuckermenge, die er jedoch während dieser Woche mit allen anderen, flüssigen und festen Lebensmitteln zu sich nimmt, beträgt im Schnitt sage und schreibe 231 (ZWEIHUNDERT-EINUNDDREISSIG) Stück! Da bemisst sich der gesundheitliche Nutzen dann im Bruchteilen von Mikrometern… (Gut, kann man einwenden, wer auf seinen Zuckerkonsum achtet und diesen freiwillig einschränkt, wird vielleicht auch nicht auf die ganzen 231 Stück kommen…) Aber das Rechenbeispiel zeigt schonungslos: es gibt für uns alle noch viel zu tun im Rahmen der Umsetzung der Ernährungsstrategie.




4/6  Väterchen Staat wacht

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 11:18

Vor Gesundheitstalibans wird gerne gewarnt. Vor allem dann, wenn es darum geht, gesetzliche Pflöcke einzuschlagen, um einen Markt-Wildwuchs eindzuämmen, der ungesunde Auswirkungen haben könnte. Und nun habe ich unerwartet eine solche talibanmässige Abmahnung erhalten in Form eines eingeschriebenen Briefes, die mich ins Grübeln versetzt hat.

Dank der Anzahl Jahre, die sich auf meinem Buckel angesammelt haben, muss ich periodisch zum medizinischen Tauglichkeits-Check, damit ich weiterhin in meinem Wägelchen herumkutschieren kann. Bis anhin war das bei meinem alten Hausarzt keine grosse Sache: Blick auf die Tafel mit den verschieden grossen Es, einige Zahlen von links und von rechts geflüstert, fünf Schritte auf einer Linie am Boden – und das wars. Vom Amt kamen dann jeweils drei freundliche Zeilen, dass man sich freue, mir mitzuteilen, dass der Test positiv ausgefallen sei und ich weiterhin autofahren dürfe, wenn ich dabei eine Brille trüge. Was ich ja ohnehin tue.

Nachdem nun mein alter Medicus in den Ruhestand getreten ist, habe ich mich gesundheitlich in die Obhut einer jungen Kraft begeben und plötzlich gemerkt, dass dieser Tauglichkeitstest offenbar wesentlich mehr Kontrollpunkte enthält als mir früher bewusst war: Abhorchen, Ausklopfen, Reflexe prüfen, Koordination, Sensibilität an den Füssen, Balance und noch einiges mehr über das „Sehen und Hören“ hinaus. Ich fühlte mich sehr gut aufgehoben und seriös abgeklärt und ging frohen Mutes wieder von dannen.

Heute nun kam der Bescheid vom Amt: ein ausführliches Schreiben – eine „Verfügung“ -, gespickt mit Informationen zur Rechtsgrundlage und mit Belehrungen über die bestehenden Rekursmöglichkeiten, mit drei konkreten Auflagen. Erstens: beim Fahren eine Brille oder Kontaktlinsen zu tragen (das war mir nicht neu); zweitens: „allfällige Medikamente“ nach ärztlicher Anordnung einzunehmen (das wäre eigentlich auch selbstverständlich), aber dann kam der dritte Punkt, der ultimativ besagte: „die ärztlichen Weisungen sind strikte einzuhalten“.

Hoppla! Was ist denn da passiert? Hält man mich von Amtes wegen für einen Therapieverweigerer? Und wie will das Strassenverkehrsamt prüfen, ob ich diese Auflage auch tatsächlich erfülle? Sind wir schon so weit mit den Sozial-Spionen, dass die nebenbei auch mein Pillenschlucken überwachen können? Oder ist dies eine diskrete Nebenfunktion des Fehrschen Trojaners? Oder will man etwa mein familiäres Umfeld zu Denunziatentum anstiften?

Überdies: was passiert, sollte ich einmal in der Hitze des Gefechts oder auf Reisen nicht dazu kommen, meine Tabletten im richtigen Moment einzuwerfen..? Hat das den sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge? Wird mein Auto dann geschredddert? Jetzt bin ich doch ein wenig beunruhigt. Aber noch sehe ich davon ab, Rekurs einzulegen. Der ist nämlich kostenpflichtig.