3/9 Pro-Portionaler Trick
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:56 |
Die Industrie macht Dampf. Fünf grosse Lebensmittelkonzerne – CocaCola, Mondelez, Nestlé, PepsiCola und Unilever – gehen in die deklaratorische Offensive und lancieren eine neue Nährwert-Kennzeichnung auf ihren Produkten, die sie noch vor Ablauf dieses Jahres in verschiedenen europäischen Staaten auf ihre Akzeptanz hin testen wollen.
Kurze Rekapitulation: seit Jahren fordern Konsumenten- und Patientenorganisationen rund um den Globus eine einfache farbliche Kennzeichnung der Lebensmittel bezüglich Fett-, Zucker- oder Salzgehalt nach dem sogenannten Ampel-System (Grün-Gelb-Rot). Ernährungs-Fachkreise waren bisher skeptisch, da die drei Farben zu wenig an Differenzierung zuliessen. Aber die „Ampel“ hat mit der Zeit an Akzeptanz gewonnen und insbesondere in der EU war ein Prozess eingeleitet worden, nach einer für alle Länder gültigen einfachen Deklarationsform zu suchen, bei dem die Ampel oder ein vergleichbares System Boden gut gemacht hatte. Frankreich führte letztes Jahr mit Nutri Score einen 5-stufigen Farbcode ein, nachdem England bereits Erfahrungen mit einem ähnlichen System gesammelt hatte.
Der Vorschlag der Lebensmittelmultis geht nun einen Schritt weiter: er kombiniert die heute schon praktizierte „GDA“-Formel mit den Ampel-Farben. GDA nennt die Anteile der verschiedenen Nährstoffe in Zahlen und in prozentualer Relation zum durchschnittlichen Tagesbedarf eines Erwachsenen.
Die Multis nennen ihren Vorschlag „Evolved Nutrition Label“. Das Besondere – im Unterschied etwa zu Nutri Score – ist nun aber, dass sich die neu mit Farben ergänzten Angaben nicht auf 100 Gramm eines Lebensmittels beziehen, sondern konsequent lediglich auf eine „Portion“. Und die Grösse dieser Portionen, das zeigen bisherige Beispiele, ist jeweils so gewählt, dass die deklarierten Mengen so „klein“ sind, dass kaum je die Farbe Rot effektiv verwendet werden muss…
Mit dem neuen Label-System strahlt plötzlich alles in unverfänglichem Grün-Gelb von den Regalen. Und die ernährungsbewusste Kundschaft kann beherzt zugreifen… Wie viel dann jeder und jede am häuslichen Herd tatsächlich verputzt, das bleibt Privatsache. Vergleichende Transparenz sähe anders aus.