29/10  Medien-Lob und -Tadel

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:07

Übers Wochenende war einiges los im Fernsehen. Der deutsche Privatsender VOX brachte einen ganzen Themenabend unter dem Motto „Planet der Dicken – essen wir uns zu Tode?“. Eine dokumentarische Langzeit-Begleitung von z.T. massivst übergewichtigen Personen in ihrem alltäglichen Kampf ums Abnehmen, mit unterschiedlicher Motivation und allen erdenklichen Methoden.

Ausgiebig kamen dabei namhafte Experten zu Wort, die Betroffenen wurden einfühlsam porträtiert und konnten ihre Sicht der Dinge darlegen, vom Plus-Size-Model bis zum Marathon-Läufer, der vor seiner Teilnahme am Lauf 60 Kilo abspecken will, vom TV-Entertainer, der „eigenhändig“ 70 Kilo abgenommen hat, zu Mitgliedern einer Selbsthilfegruppe und verschiedenen PatientInnen in Spezialkliniken…

Der Bericht ist sehenswert und journalistisch sauber aufbereitet, ohne jeden Voyeurismus und mit grossem Respekt im Umgang mit den Adipositas-Kranken, wie man es eigentlich auf einem Privatsender neben Biggest Loser und anderen Abspeck-Wettkampf-Shows gar nicht erwarten würde… am Schluss wird klar, warum: er stammt aus der Küche von SPIEGEL-TV. Chapeau!

Etwas die Stirn gerunzelt habe ich, als ich einen an sich gut recherchierten und geschriebenen Bericht im SRF-Online-Portal gelesen habe, mit dem Titel: „Mit schlank gleich schön ist langsam Schluss“. Der Text steht im weiteren Zusammenhang mit einer Sternstunde-Extra-Ausgabe vom Samstagabend. Dort ging es in einer grossen Diskussion um Menschen, die aus der „Norm“ fallen, u.a. auch ums Übergewicht, eindrücklich vertreten durch den deutschen Journalisten und Buchautor Bertram Eisenhauer.

Im Online-Text wurde das Thema behandelt, dass sich die öffentliche Meinung dank der sozialen Medien langsam vom Cliché entferne, dass nur „Schlanksein“ wahre Schönheit bedeute und dass füllige Formen zunehmend Akzeptanz fänden, illustriert am Beispiel der „Body Positivity“-Bewegung.

Diese Entwicklung ist grundsätzlich zu begrüssen, steht sie doch gegen Diskriminierung und Ausgrenzung. Aber im ganzen Text wurde mit keinem Wort auf die immanenten Gesundheits-Risiken eingegangen, mit denen der medizinische Befund „Adipositas“ nun einmal behaftet ist: wer zu dick ist, ist krank und läuft Gefahr, früher oder später an der einen oder anderen Begleiterkrankung zu leiden. Dass dies in der Regel meist „später“ ist, darf nicht dazu verleiten, den Tatbestand an sich „schönzureden“, bei aller Akzeptanz des eigenen Selbstwerts. Zum Glück reagieren zahlreiche Verfasser von Kommentaren in diesem Sinne kritisch und schaffen so ein Korrektiv. Auch das ist lesenswert.


Ein Kommentar zu “Medien-Lob und -Tadel”

  1. Teil 2 der Doku wird im Januar 2019 gesendet.

Comments are closed.