9/12 What About The Children?
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:51 |
Es geht ums Kindswohl. Ums Wohlergehen der Jungen und der Heranwachsenden. Das Titel-Zitat stammt von einem altgedienten Aktivisten des Schweizer Kinderhilfswerks Terre des hommes, das ich einige Jahre lang präsidieren durfte. Wenn sich der Stiftungsrat in hitzigem Argumentieren über organisatorische, strukturelle oder ethische Probleme stritt, warf er diesen zentralen Satz mit seiner ruhigen Stimme in die Debatte: Und was ist jetzt mit den Kindern?
Diese Frage ging mir durch den Kopf, als ich las und hörte, wie kürzlich in unseren Räten über das zu revidierende Tabakproduktegesetz diskutiert wurde. Da waren es vor allem die strammen Rechtspopulist*innen, die sich zwar doppelzüngig zur Wichtigkeit des Schutzes der Jugendlichen bekannten, sich aber gleichzeitig gegen jede weitergehende Regulierung verwahrten, welche die kommerziellen Interessen der Tabakindustrie tangieren könnte.
Was sich hier mit dem Schadstoff Nikotin abspielte, läuft vergleichbar auch ab bezüglich der Werbung für sogenannte „HFSS“-Lebensmittel (= High Fat, Sugar and Salt), die gezielt an Kinder und Jugendliche gerichtet ist. In den letzten Jahren hat sich der Medienkonsum der Jungen zunehmend weg von den klassischen Angeboten wie Radio, TV und Presse in die Sozialen Medien und Streaming-Plattformen sämtlicher Spielarten verlagert. Die geltenden Bestimmungen bezüglich Schutz der Jugendlichen vor „ungesunder“ Werbung und entsprechendem Marketing sind aber nach wie vor auf die linearen Angebote ausgerichtet.
Hier besteht ein enormer Nachholbedarf, denn die technische Entwicklung in den digitalen Angeboten schreitet rasant voran mit personalisierten Werbe-Botschaften, die zielgerichtet auf die jeweiligen User*innen abgestimmt sind. Die WHO – Büro Europa – hat einen sehr informativen, 70 Seiten starken Bericht zu dieser Thematik erstellt, der aufzeigt, wie diese Mechanismen funktionieren und wo die Staaten durch geeignete Gesetzgebung Einfluss nehmen können.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV hat sich dieses Problem mit hoher Priorität auf die Fahnen geschrieben. Das ist verdienstvoll und wichtig. Wenn ich aber an gewisse Voten im Parlament denke, wird mir flau im Magen und ich frage mich, wie „wirksam“ eine Schweizer Regelung letztlich dann sein wird, nachdem sie durch die Kompromiss-Mühle gegangen ist…
Es wird viel Überzeugungsarbeit und hartes Lobbying unsererseits brauchen, um der geballten Marktmacht der Lebensmittelindustrie entgegen zu treten. Und unser Leitmotiv muss die Frage sein: What about the children?