15/2  Diabetes-Treiber

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:25

Es gibt Leute, die wollen es nicht wahrhaben. Ich spreche nicht von den Corona-Leugnern, die – sogar mit medizinischem Diplom – verbissen behaupten, die Pandemie gebe es gar nicht und das Virus sei weniger gefährlich als eine milde Grippe… Nein, die Rede ist von all denen, die überzeugt sind, dass sie zwar etwas übergewichtig, aber keineswegs „krank“ sind. Dass nicht das Zuviel an Gewicht krank mache, sondern der stressige „Zwang“, etwas gegen die gesundheitlichen Risiken des Übergewichts zu unternehmen.

Eine umfangreiche Studie aus USA hat nun den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Adipositas und der Erkrankung an Diabetes Typ 2 untersucht und ist zum eindeutigen Befund gekommen, dass Übergewicht ein massiver Treiber von DT2 ist: während bei der normalgewichtigen Bevölkerung „nur“ 7 Prozent der Erwachsenen an DT2 erkranken, sind es bei den Übergewichtigen und Adipösen ganze 53 Prozent, also jeder und jede zweite.

Die Studie kommt zum Schluss, dass schon eine Gewichtsverringerung um wenige Kilos das Diabetes-Risiko erheblich senkt. Die Forscher weisen aber auch nachdrücklich darauf hin, dass es nicht genüg, lediglich mit dem Zeigfinger zu winken und eine Veränderung des Lebensstils anzumahnen: die Entwicklung der Adipositas in USA habe deutlich gemacht, dass dies wirkungslos verpuffe… Notwendig seien vielmehr klare Eingriffe des Staates, etwa in Form von Zuckersteuern oder von massiven Aktionen zur Verbilligung von Früchten und Gemüse…

Dazu brauche es motivierende Informationen, vor allem für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen, sowie einen dauerhaften Wandel des Verhaltens aller. Leichter gesagt als getan. Aber auch hierzulande ist ein Umdenken angesagt. Gerade kürzlich hat mir jemand, der sich in der Beratung von Adipositas-Betroffenen engagiert, erklärt, wie wichtig es sei, schwer übergewichtige Patient*innen, die eine Magen-Operation in Betracht ziehen, darauf hinzuweisen, dass sie dann lebenslang Medikamente zur Nährstoff-Supplementierung zu sich nehmen müssten… und dass sie sich das sehr gut überlegen sollten… – Aber was wären die Alternativen? Jahrelange Medikamente gegen DT2, Nierenversagen, Dialyse, Herzinfarkt? Man hat die Wahl.




2/2  Akzeptiert?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:54

Das Inserat sieht prächtig aus. Eine ganze Seite springt mich bei der morgendlichen Lektüre farbenfroh und grosszügig an. Es zeigt zwei Frauen in schwarzen Bikinis. Die eine ist modelmässig schlank und rank, die andere neigt offenbar zu leichter, aber nicht besonderer Fülligkeit. Neben beiden Damen steht eine fett und rot gedruckte Zahl: 44 bei der einen, 56 bei der andern. Dabei handelt es sich um Prozentwerte, wie das Kleingedruckte am Rande des Inserats besagt.

Mit einer Umfrage bei 500 Leuten wurde ermittelt, welcher der beiden Frauen-Typen denn auf mehr Wohlgefallen stosse, der schlanke oder der etwas fülligere? Und seihe da: 56 Prozent bevorzugen die Dame, an der „etwas dran ist“, während die anderen 44 Prozent auf „dünn“ stehen.

Das Inserat wurde geschaltet von der Schweizer Marktforschung, als Beleg für die Nützlichkeit solcher statistischer Erhebungen. Das Resultat wurde nicht kommentiert und nicht bewertet. Dies bleibt dem Betrachter, der Betrachterin überlassen. Aber welche Erkenntnis sollen wir denn aus diesen Prozent-Werten gewinnen? Liegt „Schönheit“ doch bekanntlich im Auge des Betrachters?

Nun gut, kann man einwenden, diese beiden Zahlen sind so unterschiedlich nicht. Bei einer Volksabstimmung würden sie freilich einen klaren Entscheid bedeuten, aber umgelegt auf das Schönheitsideal des Frauenkörpers besagen sie: ein bisschen Molligkeit wird offenbar von einer Mehrheit der Befragten begrüsst, während aber doch knapp die Hälfte nach wie vor auf den Magerkeitswahn hereinfällt, der uns durch sämtliche Medien dank Fotoshop um die Augen gehauen wird…

Darf daraus geschlossen werden, dass „etwas mehr Gewicht“ insgesamt doch salonfähig ist? Dass die paar Speckröllchen und das sanft gewölbte Bäuchlein keineswegs den Weltuntergang bedeuten, im Gegenteil? Ich denke, dieser markterforschte Befund dürfte da und dort etwas Druck aus der kritischen Selbstbewertung nehmen, sich nicht um jeden Preis einer Schlankheitskur zu unterwerfen, sondern das Leben und seine fülligeren Formen so zu geniessen, wie sie sind. Und das ist wohl nicht schlecht.