29/7 Beim Arzt
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:02 |
Nach wie vor gibt es bei uns Klagen von übergewichtigen PatientInnen, dass ihr Arzt, ihre Ärztin zu wenig von der Adipositas-Problematik wisse, sie und ihre Krankengeschichten nicht ernst nähme und in der Behandlung relativ hilflos wirke…
Das muss nicht sein. In Amerika, wo jeder dritte Patient adipös ist, scheint sich eine gewisse Routine eingespielt zu haben. Eine Umfage unter ÄrztInnen hat zwar gezeigt, dass 40 Prozent der Befragten MedizinerInnen in New York angaben, sie hätten adipösen PatientInnen gegenüber eine negative Grundhaltung und dass sie die Behandlung von Übergewicht oft als frustrierend erlebten. Gleichzeitig ergab aber eine Erhebung bei Absloventen der New York School of Medicine, dass 56 Prozent angaben, sich in der Adipositas-Therapie auszukennen und 46 Prozent sagten, sie seien dabei erfolgreich.
Woher dieser Gesinnungswandel? Es sind vor allem die jüngeren Ärzte, die dem Problem aufgeschlossener und positiver gegenüber sehen. Es ist anzunehmen, dass sie im Studium bereits etwas mehr Informationen erhalten haben und dass sie vor allem gelernt haben, dass auch ein kleiner Erfolg, ja sogar ein „Stillstand“, grundsätzlich positiv zu werten ist.
Somit bestünde doch noch Hoffnung.
In den genannten „Klagechor“ kann ich nur einstimmen! Wenn man sehr stark übergewichtig ist (mein BMI war über 56) dann passiert es häufig, dass der Arzt vor lauter Wald den Baum nicht mehr sieht. Der Ratschlag (oder besser gesagt Befehl) abzunehmen, dann würden die Schmerzen schon verschwinden, hat mich in einer ersten Phase zu 5 schwerwiegenden Bauchoperationen geführt (die erste notfallmässig). Gegen die Schmerzen habe ich 40 kg abgenommen, sie verschwanden aber nicht, wurden schlimmer und ich konnte nur noch mit Krücken laufen. Kunststück: eine angeborene, bis dahin übersehene Displasie hat meine rechte Hüfte funktionsunfähig gemacht. Um den entsprechenden Untersuchungstermin beim Spezialisten zu bekommen, musste ich einen schwierigen Kampf mit meinem Hausarzt ausfechten. Heute kann ich mich mit meiner neuen Hüfte wieder gut bewegen und kann meinen stark reduzierten BMI (leider noch über 30) geniessen. Ich bin wütend über die verlorenen Jahre und die nutzlose Schinderei, die durch besserwisserische „Abnehmspezialisten“ verursacht wurden. Und ich habe ein gesundes Misstrauen gegenüber Adipositas-Fachleuten aufgebaut: vor allen denen gegenüber, die dünn sind.
Ein Hoch auf Sie, Herr von Grüningen!
Mit herzlichem Gruss
Martha E.