19/8 Ali Kebab
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:23 |
Dieser Tage wurde ein Geheimnis gelüftet, das für Insider schon lange keins mehr war: die anfangs rätselhafte Plakatkampagne, auf der ein dicklicher, etwas verschwiemelter Angehöriger eines ausländischen Volkes mit seinem Langmesser neben einem Kebab-Fleischspiess stand, war das, wofür sie schon recht bald gehalten wurde – eine Aktion in eigener Sache der Allgemeinen Plakatgesellschaft APG, um das Sommerloch zu füllen.
So weit wäre das wohl auch in Ordnung und wir könnten zur Tagesordnung übergehen. Was aber zum Nachdenken anregt ist die Tatsache, dass praktisch alle Kommentatoren in den Medien unisono vom „übergewichtigen“ Ali schrieben, so als wäre dies das selbstverständlichste Klischee der Welt: Kebab-Bräter haben korpulent zu sein, sie werden ja wohl vom Junkfood, das sie zubereiten, auch den ganzen Tag lang essen, ob mit alles oder scharf, das spielt keine Rolle. Bilder sind fixiert in unseren Hirnen, eingebrannt: so haben sie auszusehen, die Alis, die mit ihren Messern oder mit den umgebauten Rasierapparaten die knusprig angebräunte Schicht vom Fleischkegel heruntersäbeln…
Als Fortsetzung und Abschluss der Kampagne wurden nun noch die restlichen Klischees bedient: neben Ali stehen dessen Gehilfen, ein drahtiger, verkniffener älterer Mann im weissen Arbeitskleid, wie man sie aus jeder Berichterstattung über Armut am Bosporus kennt… und ein junger Kebab-Stift, dem man neben dem Fleischerjob jede Schandtat zutrauen würde, vom Autorasen bis zur Vergewaltigung. – Rasch sind wir mit unseren eigenen Vorurteilen zur Hand und qualifizieren ab, was wir sehen… dabei könnte es doch auch sein, dass hier ein leuchtendes Exempel von engagierter Familienwirtschaft demonstriert wird: der tüchtige Ali mit seinem Vater, den er ehrt und dem er eine wichtige Aufgabe im Betrieb anvertraut, und mit seinem ältesten Sohn, den er kundig einführt in das traditionelle Geschäft der Verpflegung, damit dieser bald einmal eine Filiale an guter Lage eröffnen kann… Eigentlich nur eine Frage des Standpunkts.