24/10 Anonyme Monster-Macher
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:03 |
Das haben wir ja mitbekommen, dass grosse Schweizer Tageszeitungen mit einem neuen Auftritt an neues Publikum kommen möchten. Beim Blick hiess die Parole: zurück zum „harten“ Boulevard, und es sieht aus, als würde flott daran gewerkelt. Heute habe ich mich (obwohl ich ja weiss, dass das nichts bringt) doch reichlich geärgert.
Die Sensations-Redaktion hat offenbar ein Problem mit übergewichtigen Menschen. Nachdem vor einigen Monaten der „dicke Reto“ durch die Mangel gedreht und landesweit unter falschem Vorwand an den medialen Pranger genagelt wurde, geht es jetzt einfallsstark um den „dicken Paul“.
Der Engländer aus Ipswich hat das Pech, zum „schwersten Mann der Welt“ avanciert zu sein, nachdem der bisherige Rekordhalter, der Mexikaner Manuel Uribe, abgenommen hat. Paul Mason heisst das Opfer, ist 48 Jahre alt und wiegt derzeit 444,5 Kilo. Mason ist ein schwerkranker Mann, der ärztliche Hilfe braucht und auf einen Operationstermin wartet.
Die Sensations-Reporter machen aus ihm ein fresssüchtiges Monster, einen Freak, der extreme Spitalkosten verursacht, „zu Lasten der Steuerzahler“ (als würde es sich um einen Sozialschmarotzer von SVP-Gnaden handeln). Wegen Unterschlagung sass er ein Jahr im Gefängnis… auch das muss in Fettdruck gesagt sein, man weiss ja, wie die dicken sind! 20’000 Kalorien verschlinge der Koloss pro Tag, wird genüsslich berichtet (wenn dem so wäre, müsste er täglich mehr als zwei Kilo zunehmen).
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hause Ringier, es ist ja gut, dass ihr macht, was eure Chefs von euch verlangen. Und irgendwie verständlich, dass diese schamlose Hetze gegen dicke Menschen keinen Namen eines „verantworltichen“ Journalisten trägt: dazu hat euch offenbar der Mut gefehlt. Es ist einfach, sich auf Kosten einer ohnehin schon verachteten und diffamierten Gruppe zu profilieren. Aber schwieriger, mit dem Namen dazu zu stehen.
Dicke können sich nicht verstecken.