10/11 Wunder dauern länger
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 13:45 |
Gestern hat das Bundesamt für Gesundheit BAG erste Resultate seiner actionsanté präsentiert. Am meisten betont wurde dabei von allen ReferentInnen das Prinzip der Freiwilligkeit. Dass es nicht möglich sei, die Leute mit Zwang dazu zu bringen, ihre Lebensgewohnheiten zu verändern. Dies müsse freiwillig geschehen, die Selbtverantwortung sei unteilbar. Daher – so lautete die Schlussforlgerung der Vertreter von Handel und Gewerbe – sei es müssig, über irgendwelche gesetzliche Regelungen auch nur nachzudenken… Nicht müde wurden denn auch die Vertreter des Bundesamtes, immer wieder zu betonen, dass man überhaupt nicht an gesetzlichen Auflagen denke.
Da kann es interessant sein, übers Wasser zu schauen und zu fragen, wie es denn mit der Wirksamkeit von gesetzlichen Regelungen in New York stehe? Dort wurde auf den 1. Januar 2009 verfügt, dass in gewissen Verpflegunsstätten (insbersondere im Fast Food-Bereich) neben dem Preis-Schild an der Theke auch die Kalorienzahl des jeweiligen Gerichtes angeschrieben werden müsse. Die Weisung wurde brav befolgt. Wie aber steht es mit dem Verhalten der Käufer? Haben diese die neue Orientierungshilfe auch wirklich genutzt? Gibt es Hinweise auf eine Verbesserung, auf einen verminderten Kalorien-Konsum als Folge der neuen Informations-Verordnung?
Zwei Studien, die im Lauf des Jahres durchgeführt wurden, haben zu Erkenntnissen geführt, die zwar nicht überraschen, aber die es doch erlauben, solche Massnahmen in einem sachlichen Licht zu betrachten, selbst wenn sie ernüchternd sind:
Effektiv haben bloss 56 Prozent der Kunden überhaupt realisiert, dass die Kalorien angeschrieben sind… und bloss 15 Prozent gaben an, bei ihrer Bestellung die Zahl der Kalorien auch berücksichtigt zu haben. Diese 15 Prozent verzehrten im Schnitt 106 Kalorien weniger pro Mahzeit als jene, welche die Anschrift gar nicht bemerkt hatten. (Das scheint nicht zu viel zu sein; wer sich aber jeden Werktag auswärts verpflegen muss, hätte dadurch aufs Jahr doch 3 Kilo Fett „vermieden“!)
Drei weitere Schlüsse lassen sich aus diesen Studien ziehen: 1. Leute mit sehr geringem Einkommen (bei denen das Adipositas-Risiko ohnehin am grössten ist) treffen ihre Wahl nur nach dem Preis und achten nicht auf Kalorien; 2. Es gibt Leute, die kaufen, wonach es sie gelüstet, ohne Beachtung irgendwelcher Nährwert-Informationen; 3. Die Kunden, welche sich gesundheitsbewusst ernähren wollen, erachten diese Informationen als nützlich und hilfreich und beachten sie auch.
Hätten die Fast Food-Ketten diese Anschreibung – wie „bescheiden“ ihre Wirkung sein mag – auch freiwillig eingeführt? Wohl kaum. Es braucht gewisse Auflagen, um Hilfestellungen zu veranlassen, die nützlich werden können. Dass so etwas nicht explosionsartig eintritt, ist auch der New Yorker Gesundheitsbewörde klar: Veränderungen des Essverhaltens stellen sich langsam ein. Wunder dürfen wir nicht erwarten.