2/3 Label-Sturz
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 19:28 |
Der Kassensturz nahm am Dienstagabend die Frage eines empfehlenden/informativen Labels auf Lebensmitteln unter die kritische Lupe und hat dazu England besucht, wo man die „Ampel“ eingeführt hat, sowie Holland, wo man bereits Erfahrungen mit dem „Choices“-Label sammeln konnte, das in der Schweiz zur Diskussion steht. Hier würde es um die freiwillige Kennzeichnung bestimmter Nahrungsmittel gehen mit einem „ok-Häkchen“ und dem Zusatz „Bewusst wählen – auf der Basis internationaler Ernährungsempfehlungen“. Dieses Kennzeichen würde an Produkte vergeben, die innerhalb bestimmter Lebensmittel-Kategorien die insgesamt „günstigste“ Zusammensetzung bezüglich Fett, Zucker und Salz aufweisen.
In der Gegenüberstellung von „Ampel“ und „Choices“ kamen beide nicht schlecht weg, aus Sicht der VerbraucherInnen in den jeweiligen Ländern, in denen sie bereits eingeführt sind. Der Unterschied liegt allerdings darin, dass die „Ampel“ in England von der Regierung gegen den Willen der Lebensmittelindustrie „verordnet“ wurde, was sogleich zu vehementen Gegenreaktionen führte und zur aggressiven Propagierung der GDA-Werte auf der Packung (GDA = Guideline for Daily Amount, also Richtlinien für den Tagesbedarf eines bestimmten Nährstoffes). Dass dieses GDA-System selbst für interessierte und informierte Kundinnen nur schwer verständlich ist und dass diesbezüglich heftige Auseinandersetzungen stattfinden über die Definition von Portionengrössen etc., wurde kaum angesprochen.
Die zur Sache befragten VertreterInnen relevanter Institutionen in der Schweiz gaben sich mehrheitlich kritisch-ablehnend: die KonsumentInnen-Organisation würde die „Ampel“ bevorzugen; dem Vertreter der Lebensmittelbranche wäre gar kein Label lieber und er weist gezielt darauf hin, dass zum Beispiel Vollfettmilch, Emmentalerkäse und ein Vollkornsandwich von ihrer Zusammensetzung her nicht die Anforderungen für das „Choices“-Label erfüllen würden – Im Studiogespräch konfrontierte Moderator Ueli Schmezer die Projektleiterin Esther Infanger (SGE) mit z.T. recht spitzfindigen Fragen, die sich nicht in der TV-tauglichen Kürze mit einfachen Argumenten beantworten liessen… Vor allem liess er die durch verschiedene Statements entstandene Annahme unerörtert, dass vom Kauf von Produkten, die ohne Label bleiben, „abgeraten“ werde, weil sie ungesund seien… Das ist auch bei der „Ampel“ durchaus nicht so: diese Kennzeichnungen sind eine informierende Empfehlung, an die sich der Käufer halten kann oder nicht. Und der „Kauf“ ist nur das eine. Etwas anderes ist in der Praxis dann das Ausmass des Verzehrs: wer eine mit Label „empfohlene“ Packung eines bestimmten Produktes kauft, und dann den ganzen Inhalt auf ein Mal hinunterschlingt, hat weniger gesundheitsbewusst gehandelt als jemand, der ein „nicht empfohlenes“ oder „rotes“ Produkt kauft, dieses aber in vernünftiger Dosierung gezielt geniesst…
Der mündige Bürger, die mündige Bürgerin werden nicht abgeschafft, wie Ueli Schmezer das unterstellt, aber das Label hilft ihnen, sich beim Einkauf im Laden „richtiger“ zu entscheiden. Die Vernehmlassung bei interessierten Gruppen und Organisationen zum „Choices“-Vorschläg läuft noch bis Ende März. Es wäre gut, wenn sachliche Argumente im Vordergrund stünden.