12/3 Fett ist Fett
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:47 |
Es war lange Zeit beruhigend zu wissen, dass es so etwas wie eine „gute“ und eine „schlechte“ Fettverteilung gab. Die Unterscheidung zwischen Apfel- und Birnenform war einmprägsam und gehörte zu den elementaren Erkenntnissen: bei Männern sammelt sich das überschüssige Körperfett tendenziell in der Bauchgegend an, im Innern, um die Organe geschmiegt, jeden Hohlraum ausfüllend, so dass sich die Bauchdecke gespannt und kugelig nach aussen wölbt; bei Frauen ist das überschüssige Fett eher an den Hüften und Oberschenkeln anzutreffen, sie sind oben dünner und weiten sich unten glockenförmig aus… als wir jünger waren, sprach man noch vom „gebärfreudigen Becken“, das bei der Partnerwahl unterbewusst eine Rolle spielen konnte, heute aber angesichts der androgynen Modetrendes und im Zeitalter des Kaiserschnitts kaum noch eine Rolle zu spielen scheint.
Kurz, die männliche „Apfelform“ des Dickseins stand im Ruf, gesundheitsschädigend zu sein, sich höchst negativ auszuwirken auf Bluthochdruck, Herzinfarkt und Diabetes, während die weibliche „Birnenform“ eher eine harmlosere Art von Fett vermuten liess. Das war für die Birnenförmigen doch einigermassen beruhigend. – Nun allerdings geistern Meldungen durch die Medien, wonach es durch verschiedene Studien erwiesen sei, dass den beiden Fettverteilungs-Arten mehr oder weniger das gleiche Risikopotential innewohne.
Es fällt mir nicht leicht, diese neue Erkenntnis zu kommentieren. Der bisherige Befund über die unterschiedliche Gefährdung muss ja auf einer empirischen Erfassung der Krankengeschichten beruht haben. Hätte es da keinen Unterschied gegeben zwischen Männern und Frauen, wäre man wohl nicht zu der einst gültigen Ansicht gelangt. Im Sinne der Prävention allerdings ist es vernünftig, ganz allgemein „auf das Gewicht zu achten“, völlig unbesehen, „wo“ es sich im Einzelfall genau befindet. Und auch wenn nicht genug gewarnt werden kann vor einer gefährlichen Schlankheits-Hysterie, die leider schon sehr weit verbreitet ist, gilt es eben doch, beizeiten wachsam zu sein, pragmatische Vernunft walten zu lassen und sich vor Verunsicherung durch immer neue Theorien in Acht zu nehmen.