10/4 Das Erzeugnis
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:24 |
Wenn eine Ware nicht die Ware ist, für die sie sich ausgibt, spricht man von einem Erzeugnis. Ein massives Stück Nussbaumholz ist Holz. Eine mit Nussbaumfurnier bezogene Spanplatte ist ein Holzerzeugnis. Eine frisch vom Hinterschinken geschnittene Tranche ist ein Stück Schinken. Ein in die Form gepresster Rohling aus Schinkenabfällen mit Schwartenrand ist ein Fleischerzeugnis…
Das haben wir punkto Ehrlichkeit schon erreicht, dass diese Fabrik-Manipulationen in der Lebensmittel-Deklaration offen gelegt werden. Wer es wissen will, kann es erfahren. – Was jedoch will mir der Hersteller ELSA im Namen der Migros mitteilen, wenn er auf das braune Joghurt-Becherchen schreibt: Joghurterzeugnis? – Heisst das, dass es sich nicht um „richtigen“ Joghurt handelt? Ich habe ja schon zu unterscheiden gelernt zwischen einer mit speziellen Bakterien angereicherten Sauermilch namens Bifidus und vielen anderen mit Bakterien versetzten Molkereiprodukten, die „die Abwehrkräfte unterstützen“ (witzigerweise wird ja neuerdings nicht mehr behauptet, dieses Zeug „stärke“ ganz gezielt „meine“ Abwehrkräfte… die viel allgemeinere und unverbindlichere Formulierung hat nichts mehr zu tun mit einem Erfolg bei dem, der das Zeug kauft und isst, sondern man kann objektiv und zutreffend sagen, dass mein Kauf die Abwehrkräfte des Fabrikanten gegen dessen Geldmangel unterstützt).
Interessant ist auch, dass die verschleiernde Formulierung vom Erzeugnis auf meinem Joghhurt nur in der deutschen Terxtversion steht, nicht aber in der französischen und der italienischen Fassung. Was soll dies nun wieder bedeuten? Scheren sich die Romanen einen Deut um klare Deklarationen? Sind es nur die pingeligen Deutschschweizer, die alles ganz genau wissen wollen? – Die Zutatenliste führt jedenfalls keine verdächtigen Bestandteile auf: Joghurt (aus Magermilch, Rahm und Milchproteinen), Zucker, Kaffee-Extrakt und Aromen. Sind es die zugesetzten „Milchproteine“?
Wie heil war die Welt doch noch, als Mutter das Joghurt in der Küche selber zog, mit einer „Wabe“, die in warme (nicht zu heisse) Milch gehängt werden musste, in einem Literglas, das in warmes Wasser gestellt, mit einer Wärmehaube bedeckt und über Nacht stehen gelassen werden muste… Dann hatte man wieder für eine Woche von der gesunden Milchspeise. Selber erzeugt und ohne jede „fremde“ Beigabe.