3/6 Der Pfingstochse
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:38 |
Über die religiöse Bedeutung von Pfingsten ist Vielen heute nicht mehr viel bekannt, das jedenfalls konnte man einer Strassenumfrage des Blick entnehmen. Dass es etwas mit Jesus zu tun hat, das ging noch so einigermassen, aber sonst?
Dass an Pfingsten die Ausschüttung des heiligen Geistes war, de sich in Gestalt von kleinen Flammen auf die Köpfe der Jünger bzw. von da an der Apostel niederliess, ihnen die Gabe verlieh, in fremden Stimmen zu reden und aller Welt das Evangelium zu verkünden… das kat nur einer der Befragten der Spur nach gewusst.
Überhaupt: zu „unserer“ Zeit, vor rund einem halben Jahrhundert, war das Kirchenjahr in unserem Alltag weitaus präsenter als heute. Im Speisenplan wurden die Fastenzeiten zumindest symbolisch eingehalten, im Tagesablauf fieberte man am Karfreitag mit und las in der Bibel nach, wie um 3 Uhr der Himmel sich zuerst verdunkelte und dann aufriss, als der Herr am Kreuz starb… Das ist heute weitgehend vorbei, kirchliche Feiertage sind Ruhetage und damit hat es sich für die meisten von uns.
Von Pfingsten ist mir auch noch der Begriff des Pfingstochsen in Erinnerung. Allerdings in einer etwas verschwommenen Form. Mit diesem Begriff verbinde ich in erster Linie ein mächtiges, gehäutetes und ausgeweidetes Vieh, das auf einem grossen Spiess steckt und sich langsam brutzelnd über einer gewaltigen Kohlenglut dreht, stundenlang, gemächlich, immer wieder einen schmalen Streifen der bratenden Hitze aussetzend, wobei das zerlassene Fett in Tropfen in das Feuer fällt, wo kleine Flammen auflodern, als wären sie Abbilder des heiligen Geistes…
Und dieses Ochsenfleisch, das offenbar einem alten Opfer-Ritual entspricht, verbreitet weithin einen verführerischen Duft, es wird zart und weich, bis es gewissermassen in der Hitze schmilzt, mit einem langen Messen in dünnen Streifen abgeschnitten wird, um sanft und knusprig zugleich auf den Teller zu landen… Wie kümmerlich ist gegen dieses machtvolle Bild des Verspeisens von gebratenem Ochsenfleisch doch dieser bleiche Kebab-Spiess, der sich vor seinem Gasgrillchen dreht…
Der Gedanke am Pfingsten verbindet sich also weit eher mit einem leiblichen Genuss, auch wenn dieser in der Realität so gar nie stattgefjunden hat, als wir noch Kinder waren, und das hat etwas Tröstliches. Es werden Opfer gebracht – In Wirklichkeit oder symbolisch – damit es anderen gut gehe. Das soll man sich gefallen lassen.