7/10 Vom Überfluss der Welt
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:12 |
Einst mussten wir es auswendig lernen, das Abendlied von Gottfried Keller, unserem Nationaldichter, mit dem schönen Schlussvers vom „goldnen Überfluss der Welt“. Gemeint war damit – der Tag ging ja zuende – der Sonnenuntergang, der die ganze Natur in ein golden-rotes Leuchten tauchte…
Zum Thema Überfluss bin ich heute auf einen kurzen Trickfilm getossen, der die Mechanismen unserer Überfluss-Gesellschaft anschaulich darstellt. Er nimmt Bezug auf die amerikanischen Verhältnisse, trifft aber eins zu eins auf die westliche Zivilisation insgesamt zu. Dabei geht es nicht (nur) ums Essen, obwohl die Produktion von Nahrungsmitteln genau den gleichen Regeln und Abläufen unterworfen ist. Es geht um „Zeug“, um Sachen, um Ware, um Produktion eben (amerikanisch „stuff“). Und es beginnt mit der Ausbeutung der Ressourcen weltweit, mit der Herstellung und dem Vertrieb von Produkten, mit deren Haltbarkeit und endet schliesslich mit deren Entsorgung. Höchstes Ideal und erstrebenswertetes Ziel ist der gesteigerte Konsum.
Eine der eindrückslichsten Informationen (und der Film ist randvoll gepackt damit) ist wohl die, dass von der gesamten Güter-Produktion der USA sechs Monate nach der Herstellung sage und schreibe 99 Prozent im Abfall landen! Ein einziges Prozent der industriell hergestellten Waren ist von dauerndem Wert und wird länger als sechs Monate genutzt. Wenn dies nicht eine schwindelerregende Zahl ist!?
Daneben mutet es fast harmlos an, dass in Europa rund 50 Prozent der Lebensmittel weggeworfen werden (in einem meist noch durchaus brauchbaren Zustand), weil das Verkaufsdatum abgelaufen ist oder weil die Ware nicht mehr so perfekt aussieht… Wir leben in einer Welt, in der der Überfluss nicht mehr „golden“ ist, sondern zur giftigen Altlast verkommt.
Nur eine Rückkehr zu nachhaltigen Produktionsformen, zu kurzen Distanzen und zu verantwortungsbewusster Nutzung kann diesen Teufelskreis durchbrechen. Würden alle Länder der Welt nach dem aktuellen „Verbraucher-Prinzip“ funktionieren, brauchte es bis zu fünf Welten, um all den Abfall zu entsorgen… ganz zu schweigen vom „Abfall“, der sich in Form von Fett auf unseren Hüften sammelt.