14/5 Ross und Reiter
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 21:14 |
Das ist eine reichlich absurde Debatte, die derzeit in England geführt wird. Die Verantwortlichen einer nationalen Arbeitsgruppe für ein Programm gegen Adipositas schlagen allen Ernstes vor, die Ärzte sollten künftig im Gespräch mit ihren PatientInnen den Fachbegriff Obesity (Adipositas) vermeiden, da er in seiner Direktheit als verletzend empfunden werden könnte.
Man solle lieber von einem gesünderen Gewicht sprechen, das wirke motivierender und wecke keinen Abwehrreflex. Auch in Briefen des Schulaztes an Eltern übergewichtiger Kindes sollten Begriffe wie „Fettsucht“ oder (sinngemäss) „Adipositas“ vermieden werden, um die Kinder nicht zu entmutigen.
Die Verantwortlichen des National Obesity Forum (ein mit unserer Stiftung vergleichbares Netzwerk) halten nichts von dieser sprachlichen Camouflage. Im Gegeneil. Eine wissenschaftlich klare Benennung des medizinischen Befundes schaffe eine neutrale, sachliche Grundlage und schliesse jedes Missverständnis aus.
In unserem Sprachgebrauch gibt es die Redewendung Ross und Reiter benennen. Das bedeutet soviel wie: sagen, worum es in Wirklichkeit geht, nichts beschönigen und nicht um den heissen Brei herum reden. Der britische Sprachenstreit erinnert mich an die sogenannte political correctness, die in den USA zu so absurden Auswüchsen geführt hat wie zur Formel „horizontal herausgefordert“ als Ersatz für den Begriff „dick“! Jede sprachliche Verschleierung führt von der Lösung der Probleme weg und ist alles andere als hilfreich.